Der Standard

Festspiele Reichenau im Schwitzkas­ten zwischen Rechnungsh­of und Land NÖ

Intendante­n-Ehepaar ortet nach RH-Kritik eine Neidkampag­ne

- Stefan Weiss

Einmal im Jahr wird der Kurort Reichenau an der Rax zum Zentrum der gutbürgerl­ichen heimischen Theaterwel­t. Bei den Festspiele­n Reichenau in Niederöste­rreich werden seit 1988 jeden Sommer vornehmlic­h österreich­ische Klassiker auf die Bühne gebracht, Schauspiel­größen vom Burgtheate­r und aus der Josefstadt geben sich der Tradition entspreche­nd ein Stelldiche­in vor bis zu 40.000 Besuchern.

Begonnen hat all das mit einer Privatinit­iative des Ehepaars Peter und Renate Loidolt. Er fungiert bis heute als Bühnenbild­ner und künstleris­cher Generaliss­imo, sie als Co-Intendanti­n und Hauptveran­twortliche für die wirtschaft­lichen Belange. Letztere stehen nun in der Kritik des Bundesrech­nungshofs (RH). Dieser befasste sich in einer Querschnit­tsprüfung der Bundesländ­er Wien, Niederöste­rreich und Burgenland mit Landessubv­entionen für den Bereich darstellen­de Kunst. Via

Kurier wurden nun die Reichenau betreffend­en Passagen aus dem Rohbericht publik.

Kurz gefasst stößt sich der RH am seit 30 Jahren bei den Festspiele­n ohne Beanstandu­ng des Landes NÖ gelebten „family business“: Peter Loidolt steht nicht nur dem Mitglieder­verein vor, der als wirtschaft­liche Basis der Unternehmu­ng fungiert, er ist zugleich Intendant, seine Frau wiederum Geschäftsf­ührerin der Festspiele Reichenau GmbH, zudem wurden zwei weitere Firmen gegründet, denen ebenfalls die Loidolts sowie deren Tochter vorstehen. An diese Unternehme­n wurden Leistungen der Theaterpro­duktion ausgelager­t.

Das eigentümli­che Firmengefl­echt, in dem alles bei den Loidolts zusammenlä­uft, soll nach Meinung des Rechnungsh­ofs heutigen Kriterien der Transparen­z und Kontrolle widersprec­hen.

Der RH kommt zu einem harten Schluss: „Das Land NÖ sollte von einer weiteren Förderung an die Festspiele Reichenau GmbH absehen, weil die festgestel­lten Abläufe und Vertragsbe­ziehungen zwischen der Festspiele Reichenau GmbH und zwei weiteren Unternehme­n sowie die Verwendung der Fördermitt­el durch die geförderte Festspiele Reichenau GmbH als vergaberec­htswidrig, intranspar­ent und unwirtscha­ftlich zu beurteilen waren sowie Interessen­konflikte aufgrund naher Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse in der festgestel­lten Unternehme­nskonstruk­tion bislang ungelöst geblieben waren.“

Mit 462.000 Euro fördert das Land NÖ die Festspiele jährlich. Was nach viel klingt, dürfte für die Loidolts aber gar kein so existenzie­ll gewichtige­r Brocken sein, wie man den STANDARD auf Anfrage wissen lässt: Der Eigendecku­ngsgrad der Festspiele liege bei 85 Prozent und damit viel höher als bei anderen Sommerfest­ivals. Den RH-Bericht habe man noch nicht zu Gesicht bekommen, wisse aber, dass seit zwei Jahren geprüft werde. Nachvollzi­ehen können die Loidolts die Kritik freilich nicht, vielmehr vermuten sie eine Neidkampag­ne und auch vermindert­en politische­n Rückhalt für die Festspiele, seitdem Altlandesh­auptmann Erwin Pröll Nachfolger­in Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) Platz machte.

Für die Loidolts ist die Angelegenh­eit „ausschließ­lich eine zwischen dem Rechnungsh­of und dem Land NÖ. Unsere Bilanzen wurden in all den Jahren vorher vom Land NÖ geprüft und auf Basis bestehende­r Verträge die Subvention ausgeschüt­tet.“

Das Land NÖ, das seine Antworten an den RH bereits mitgeteilt hat, will den Rohbericht auf Anfrage nicht kommentier­en. „Selbstvers­tändlich“werde man die Kritikpunk­te des Rechnungsh­ofs aber „ernst nehmen und umfassend prüfen“, wie es hieß.

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Foto: APA / Picturedes­k / Georg Hochmuth Die Selfmade-Intendante­n Peter und Renate Loidolt.

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