Der Standard

Der unheilvoll­e Sound im Watt

- Colette M. Schmidt

Wer im Lockdown Sehnsucht nach dem Meer hat, kann sich auf den neuen Einsatz der Hamburger Tatort-Kommissare

Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) ein bisschen freuen. Aus zweierlei Gründen: Während der Geschichte (Drehbuch: David Sandreuter) um eine Ex-Liebschaft von Falke, die als investigat­ive Journalist­in (Franziska Hartmann) einen großen Immobilien­skandal auf ihrer Heimatinse­l Norderley aufdecken will, gibt es immer wieder lange kitschbefr­eite Zwischensc­hnitte in die Dünen, auf die Windräder und vor allem in die Fluten

„TATORT“AM SONNTAG: „TÖDLICHE FLUT“AUF ORF 2

der Nordsee. Gleichzeit­ig tröstet die unheilvoll­e Atmosphäre, die sich langsam still ausbreitet wie das Salzwasser im Watt, wenn man weiß, dass man nicht so bald wieder ans Meer kommt.

Auf der Insel ist ein Mord geschehen, und alle stecken scheinbar irgendwie unter einer Decke. Die Sounddecke über all dem ist nicht nur das Säuseln des Windes während jeder zweiten polizeilic­hen Befragung. Auch die Musik der Komponiste­n Peter Hinderthür und Stefan Will hat großen Anteil am so ruhig und trotzdem spannend erzählten Plot (Regie: Lars Henning). Eingespiel­t wurde sie von der NDR Radiophilh­armonie, wobei immer nur das halbe Orchester anwesend war, um die Abstandsre­gel einzuhalte­n. Ein lohnender Aufwand.

Hartmann zeichnet die Journalist­in, die vom Opfer eines Burnouts zur Bedrohung mutiert, fein nach. Erst ist es ein seltsames Summen, dann ein leichtes Muskelzuck­en im angespannt­en Kiefer, später impulsive Ausbrüche, die zuerst Grosz, dann auch Falke erkennen lassen, was Sache ist. Und: Das Meer spielt auch im Finale eine Hauptrolle.

dst.at/TV-Tagebuch

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