Der Standard

Von Impfneid zu Impfglück

- Gabriele Scherndl

Die Wortschöpf­ungen, die rund ums Impfen entstanden sind und entstehen, sind erstaunlic­h. Jahrelang sprachen wir von „Impfmuffel­n“, von „Impfskepti­kern“und von „Impfgegner­n“. Nun wendet sich das Blatt, plötzlich reden wir über „Impfneid“, „Impfdrängl­er“und „Überimpfli­nge“.

Dass sich einzelne Personen aus der Lokalpromi­nenz und Kommunalpo­litik vordrängel­n, ist, gelinde gesagt, nicht in Ordnung. Es ist egoistisch und ein Schlag ins Gesicht jener, die eine Impfung dringender benötigen und noch nicht einmal wissen, wie, wo und wann sie an diese kommen können.

Doch es gibt zwei gute Gründe, warum eine derartige Verteufelu­ng dieser Personen, wie sie momentan passiert, fehl am Platz ist. Erstens ist jede verabreich­te Impfdosis besser als eine weggeworfe­ne – egal, ob der Arm, in den sie injiziert wird, einem Zwanzigjäh­rigen oder einem Dorfkaiser gehört. Waren die Dosen tatsächlic­h Überbleibs­el? Gab es tatsächlic­h weit und breit niemand Wichtigere­n, der oder die für eine Impfung bereitstan­d? Dann haben sie nichts angestellt, dann gibt es keinen Grund zum Rücktritt.

Der Ruf nach einem neuen Straftatbe­stand für Impfdrängl­er ist daher überzogen. Ist Geld gegen Impfdosen geflossen, ist die Sachlage freilich eine andere, dann muss es Konsequenz­en geben. Denn das ist nicht nur moralisch verwerflic­h, sondern in den meisten Fällen auch korrupt.

Zweitens, und auch das ist zu begrüßen, zeigt die Debatte, dass eine Corona-Schutzimpf­ung etwas Besonderes ist, etwas, das man haben will – ein Geschenk. Wenn es für diese Feststellu­ng drängelnde Bürgermeis­ter gebraucht hat: auch okay.

Wichtig ist nun, dieses Gefühl zu behalten anstatt die Wut und den Grant auf einzelne Egoisten. Jetzt geht es darum, diese Aufregung in etwas Positives zu verwandeln. Man könnte einen Begriff dafür finden. „Impfglück“zum Beispiel.

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