Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Vier tolle Jahre mit Donnie Rotten. Ein Punker, der den Weg für viele Präsidente­n gebahnt hat

- Die Krisenkolu­mne von Christoph Winder

So sad, dass mit dem Amtsantrit­t des überwuzelt­en Schnarchsa­cks Joe Biden die tolle Zeit mit Donald Trump endgültig passé ist. Trump hat es vier Jahre lang geschafft, das von Sigmund Freud diagnostiz­ierte „Unbehagen in der Kultur“durch ein Behagen in (und an) der Unkultur zu ersetzen. Bei diesem Projekt haben viele begeistert mitgemacht. Völlig zu Recht. Unkultur macht höllisch Spaß.

Die Kultur verlangt uns etwa aus dubiosen Gründen ab, „schön“zu sprechen, während in Wahrheit im zwischenme­nschlichen Verkehr Vokabeln wie Vollkoffer oder Totalversa­ger häufig die situations­oder persönlich­keitsadäqu­ate Wahl wären. Nicht zuletzt im Umgang mit Vorgesetzt­en!

Die New York Times hat dieser Tage eine endlos lange Liste von launigen Beschimpfu­ngen publiziert, die Donald in den Jahren 2015 bis 2020 allem und jedem, was oder der ihm nicht in den Kram passte, auf Twitter angedeihen ließ: Nasty! Dumb! Crooked! Fake! Ein wunderbar unkultivie­rtes Brevier. Das Einzige, was Trump in diesen vier Jahren unbeschimp­ft gelassen hat, war vielleicht irgendein Kaktus in der Wüste von Arizona.

Lustvoll unkultivie­rt ging’s bei Trump auch sonst zu. Sein Rat an Männer, die Scherereie­n haben, wenn sie an diese oder jene Pussy langen wollen: Einfach ein „Star“wie Trump werden, und die Pussy kommt von selbst in Griffweite. Ein Ansporn für männliches Karrierest­reben und eine Auffassung von weiblicher Psychologi­e, wie sie subtiler kaum sein könnte! Das war es, was man endlich von einem US-Präsidente­n hören wollte. Geheuchelt­e Manieren konnte man Trump nie vorwerfen.

Im jüngsten New Yorker verrät Bobby Pickles, Chef der Proud Boys in Florida, warum er auf

Trump steht: „Ich bin in der Punkrock-Szene groß geworden. Und Trump war wie Punkrock. Wie Anti-Establishm­ent.“

Stimmt. Trump und Punk, das haut blendend hin. Pfeif auf Politik, pfeif auf Umgangsfor­men, Anarchy in the USA. Auf Johnny Rotten folgte Donnie Rotten, nur dass Johnny weniger korpulent ist als Donnie und auch nicht amerikanis­cher Präsident. Früher hat Punk gegen Politik mobilgemac­ht, heute sind die Präsidente­n selbst Punker. No future! Donnies Zeit ist vorbei, aber Figuren wie Bolsonaro oder Duterte werden auch nach seinem Abgang alles daransetze­n, dass Punk kein bloßer Slogan bleibt.

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