Segensreiche Ephemera
Blätter, Äste, Laub, dürr, trocken, verloren, verweht im Wind des Herbstes, des Winters, getrocknet, vertrocknet, Wurzeln, vermoost, Geäst, exotisch anmutend in bizarren Formen, Blüten, gefrostet für die Ewigkeit. Archaisch, karg wirken die Collagen von Regina Anzenberger, aber gleichzeitig auch warm, wohlgesinnt in ihrer bewussten Reduktion. Es sind filigrane Momentaufnahmen des Daseins auf dem Planeten Erde, fragmentarisch und doch auch exemplarisch in ihrer sensiblen Accrochage. Anzenberger schlichtet Reisig zu Bündeln, flicht Wurzeln zu Kunstwerken und bindet Gefühle zu großen Aussparungen des Nichts. Verschiedenste Materialien und Techniken fusioniert die gebürtige Wienerin zu meditativen Kompositionen. Schwarz-Weiß-Fotografien bilden oft den Ausgangspunkt ihrer multiplen Bildkastenwerke. Dazu gesellen sich lebendige, sich in ihrer Endlichkeit aber verändernde Materialien wie Äste, Blätter, Samen, Blütenkelche sowie handschriftliche Texte, Notizen, lose Gedankensplitter, Fragen des Seins, Fragen des Kommens und Gehens stellend. Die Wunden der Natur und ihr Heilungsprozess (alias Renaturierung) sind Topoi ihres Werks. Auf den ersten Blick leblose Gedanken-Stränge ziehen sich wie ein roter Faden durch die Stille. Imaginär entsteht aber die Illusion eines Geflechts, das erst zum Symbol des Lebens wird. Aus der Idee von Leere und Fülle entsteht – inmitten des Loslassens und Freiwerdens – Inspiration und Kreativität. Wurzeln werden zu Pfaden des Innenlebens. Am Ende des Weges entsteht ein Spiegelbild der Seele. Carpe diem!
Regina Anzenberger, „Roots & Bonds“. € 148,– / 124 Seiten. Limited Edition mit Original. Edition Anzenberger, Wien 2015 Regina Anzenberger, „Shifting Roots“. € 54,– / 124 Seiten. Limited Edition mit Print. Edition Anzenberger, Wien 2020 Tipp: Ausstellung in der Anzenberger Gallery, Brotfabrik Wien