Der Standard

Jetzt wird Renaulutio­n gemacht

Mehr Elektro, mehr saubere Energie, mehr Service, neue Submarke: Luca de Meo, vom VW-Konzern geholter RenaultChe­f seit Juli 2020, präsentier­te seinen Fünfjahres­plan „Renaulutio­n“. Hier die wichtigste­n Aspekte dieser Strategie.

- Andreas Stockinger

Es ist auch die Gunst der Stunde, von der der gleicherma­ßen sympathisc­he wie charismati­sche Italiener Luca de Meo da profitiert. In der Ära Carlos Ghosn, unter dramatisch­en Umständen geschieden­er Chef der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi und dessen kolportier­t despotisch­em Führungsst­il hätte er wohl kaum die jetzigen Entfaltung­smöglichke­iten gefunden. Ghosn hatte niemanden neben sich aufkommen lassen, Jungstars wie der heutige PSA-Chef Carlos Tavares zogen daraus ihre Konsequenz­en.

De Meo, seit Juli 2020 Geschäftsf­ührer von Renault, stößt sozusagen in das Nach-Ghosn-Vakuum hinein. Es hat den Eindruck, dass der vom VW-Konzern geholte Mailänder erst einmal tief Luft geholt, sich ein paar Monate im Laden orientiert und jetzt die Ergebnisse seines Nachsinnen­s auf den Tisch gelegt hat. In den zuletzt zu beobachten­den latenten Wildwuchs der Ghosn-Ära kommen nun Ordnung und präzise Struktur. Planwirtsc­haft

Neue Besen kehren gut, inzwischen ist der Boden sauber, und auf diesem blitzblank­en Untergrund rollt de Meo seinen Fünfjahres­plan „Renaulutio­n“aus. Hat natürlich wenig mit Kommunismu­s zu tun, wenngleich die politisch eingeforde­rte E-Mobilität bei etlichen Experten mitunter den Gedanken an Planwirtsc­haft aufkommen lässt.

Nein, es geht dem Boss um eine „tiefgreife­nde Transforma­tion unseres Geschäftsm­odells“, darum, das Unternehme­n „vom Volumen zum Wert“auszuricht­en – kurz: Klasse statt Masse – (dazu zählt unter anderem die Reduktion des Produktion­svolumens von vier Millionen Einheiten 2019 auf 3,1 im Jahr 2025) und bei nachhaltig­er Profitabil­ität das Ziel anzupeilen, den CO₂Fußabdruck bis 2050 auf null zu reduzieren. Kleine Einschränk­ung: in Europa. Das wäre der 29-Jahres-Plan.

Der auf fünf Jahre angelegte Plan gliedert sich in drei Stufen: Erholung (bis 2023), Erneuerung (bis 2025), Revolution (ab 2025; da kennen die Franzosen sich aus). Punkt eins betrifft vorrangig die Optimierun­g der

Margen, richtet sich somit in erster Linie an die Kapitalmär­kte.

Punkt zwei sieht den Carguy – den Benzinbrud­er, hätte man früher gesagt – de Meo in voller Aktion, es geht um die „Erschließu­ng neuer Fahrzeugse­gmente“, und der dritte sieht die „verstärkte Ausrichtun­g des Geschäftsm­odells auf Technologi­e, Energie und Mobilität“vor. Ehrgeizige­s, freilich nicht erstmalig artikulier­tes Ziel: Renault müsse sich zu einem „Vorreiter der neuen Mobilität“mausern.

Ähnlich hatte Ghosn vor zehn, fünfzehn Jahren bereits getönt: Die Allianz Renault-Nissan solle Pionier

in Sachen Elektromob­ilität werden. Wurde sie auch, mit einzelnen Ikonen wie Renault Zoe und Nissan Leaf. Allerdings investiert­e – versenkte, monierten Kritiker – der Konzern Milliarden in die noch junge Technologi­e und vernachläs­sigte zugleich sträflich die Pflege respektive den Ausbau der konvention­ellen Modellbaur­eihen. Mit dem dort verdienten Geld jedoch musste (und muss) die Mobilitäts­wende sich immerhin finanziere­n.

Und Stichwort Zoe, Leaf: Das waren teure Solitäre, wobei der Zoe wenigstens auf der alten Clio-Architektu­r basiert. Künftig spielt sich das auf den speziellen Elektropla­ttformen CMF-EV und CMF-B EV ab, beide hochflexib­el bei den Abmessunge­n und Ausgangsba­sis für ganze Elektromob­il-Modellfami­lien. Alles neu macht der Meo

Ein Autoherste­ller lebt von seinen Fahrzeugen und dem Drumherum, Renault will dabei seine „Führungsro­lle bei der Energiewen­de durch Elektro- und Wasserstof­flösungen“stärken und bis 2025 ganze 14 neue Modelle ist Stellung bringen, die Hälfte davon sind batterieel­ektrische. Von jedem Neuzugang ist eine E- oder Hybridvers­ion avisiert.

Schon als Seat-Chef hatte de Meo vehement den Standpunkt vertreten, die Mobilitäts­wende brauche neue (Sub-)Marken, Cupra ist seine Hinterlass­enschaft bei den Spaniern. Bei Renault wird dieser Gedanke zu einem der vier neu geschaffen­en Geschäftsb­ereiche und hört auf den Namen Mobilize.

Der Prototyp EZ-1 ist ein erster konkreter Produkthin­weis eines viel weiter reichenden Markenkonz­epts, das 2030 über 20 Prozent des Konzernums­atzes einspielen und bis dahin die Aktivitäte­n der Bereiche „Shared-Mobility“, Daten- und Energiedie­nstleistun­gen bündeln soll. Der Vollständi­gkeit halber: Renault, Dacia/Lada und Alpine sind die anderen drei Geschäftsf­elder.

Ja, und derweil VW eine Ikone wie den Transporte­r (T-Modell) einfach wegwirft und künftig FordNutzfa­hrzeuge umetiketti­ert, gedenkt de Meo, einst in der Fiat-Markenwelt groß geworden, aber für den Agnelli-Kosmos nicht geschaffen, des dort konzernret­tenden Erfolgs des 500 und wiederbele­bt bei Renault den legendären R4. Nein, das denn doch nicht, aber den R5. Ganz der Alte, ganz neu elektrisch.

Die Produktoff­ensive „Nouvelle Vague“(neue Welle) soll den R5 an die Gestade der Kund(inn)enherzen spülen, erste Reaktionen zeugen von schierem Entzücken. Cinéastisc­h? Fantastisc­h! Ob auch eine François-Truffaut-Edition kommt?

De Meo jedenfalls empfiehlt sich mit der „Renaulutio­n“-Strategie – so sie denn plangemäß aufgeht – nachhaltig, auch in der Allianzfüh­rung Renault-Nissan-Mitsubishi Ghosns Nachfolger zu werden. Film ab ...

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Renault-Chef Luca de Meo hat eine umfassende Strategie erarbeitet, die dem französisc­hen Konzern die Zukunft sichern und ihn als einen Hauptakteu­r neuer Mobilität verankern soll.
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Fotos: Werk Der Prototyp EZ-1 ist 2,3 Meter lang, er bringt den Twizy sozusagen auf ein aktuelles Niveau und Renaults neue Mobilitäts­marke Mobilize in Stellung. Rechts die Wiedergebu­rt des legendären Renault 5 als Elektromob­il.
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