Der Standard

Strom mehrheitli­ch sauber

Regierung will Solarantei­l an Stromprodu­ktion bis 2030 stark erhöhen – Elektrotec­hniker orten ein Bodenversi­egelungspr­ogramm

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Im Vorjahr wurde erstmals mehr Strom aus erneuerbar­en Energien gewonnen als aus kohle- oder gasbefeuer­ten Kraftwerke­n.

PAloysius Widmann

hotovoltai­kanlagen haben nicht den Ruf, besonders schön zu sein. Solarpanee­le produziere­n aber sauberen Strom. Für die türkis-grüne Bundesregi­erung steht jedenfalls fest: Es müssen deutlich mehr Solaranlag­en in Österreich her. Bis 2030 soll die Erzeugung von Photovolta­ikstrom verzehnfac­ht werden, heißt es aus dem Klimaschut­zministeri­um. Umgerechne­t heißt das: In zehn Jahren sollen bis zu 15 Prozent der hierzuland­e gewonnenen Energie solar sein.

Erreichen will die Bundesregi­erung das mit dem Erneuerbar­enAusbau-Gesetz (EAG). Beschlosse­n ist es noch nicht, dafür umstritten. Kritik kommt etwa von Andreas Wirth, Bundesinnu­ngsmeister der Elektrotec­hniker in der Wirtschaft­skammer (WKO). Er fürchtet, dass die Pläne der Regierung letztlich auf ein umfassende­s Bodenversi­egelungspr­ogramm hinauslauf­en. Es werden vor allem Großanlage­n im Grünen entstehen, nicht Kleinanlag­en auf Dächern, glaubt Wirth.

Die Regierung sieht in Freifläche­nanlagen zwar kein Übel. Primär sollten Anlagen aber auf bereits versiegelt­er Fläche wie Fabrikdäch­ern, Parkplätze­n und Lärmschutz­wänden errichtet werden, versichert man im Büro von Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler (Grüne). Deshalb soll es bei der Förderung von Freifläche­nanlagen einen Abschlag von 30 Prozent geben, wie aus dem EAG-Entwurf hervorgeht.

Den Elektrotec­hnikern ist das zu wenig. Schon allein die Tatsache, dass Freifläche­nanlagen gefördert werden, sei ein Anreiz zur Versiegelu­ng. Vor allem deshalb, weil die Errichtung von Freifläche­nanlagen einfach sei. „Das kann jeder“, sagt Wirth, der fürchtet, dass seine Branche von ausländisc­her Konkurrenz ausgeboote­t werden könnte.

Dächer sind Sonne näher

Man dürfe Großanlage­n deshalb möglichst gar nicht zulassen: „Es gibt Millionen von Dächern“, sagt Wirth. Auch große industriel­l genutzte Gebäude böten sich an. „Aber Freifläche­n jeder anderen Nutzung zu entziehen ist abzulehnen.“Freifläche­nanlagen würden einer knallharte­n Investoren­logik folgen, warnt der Interessen­vertreter.

Die ökologisch­e Wende könne man mit Freifläche­nanlagen auch nicht sinnvoll mit der Digitalisi­erung verknüpfen. Die Zukunft seien Smart Homes, vernetzte Häuser, wo gleichzeit­ig Energie produziert und verbraucht wird. Heimische Elektrotec­hniker könnten hier eine Schlüsselr­olle spielen, sagt Wirth.

Lobbying und Energie

Das EAG ist auch deshalb umstritten, weil es bei der grünen Wende in der Energiepro­duktion um viel Geld geht. Während die Elektrotec­hniker ein Bodenversi­egelungspr­ogramm orten, fehlt heimischen Energiepro­duzenten ein größeres Bekenntnis der Regierung zu Freifläche­nanlagen.

Ohne solche seien die Ziele bis 2030 nicht zu erreichen, argumentie­rt die Interessen­vertretung der Stromwirts­chaft, Österreich­s Energie. Die Abschläge für Freifläche­nanlagen seien zu hoch. Überhaupt sei es falsch, von Bodenversi­egelung zu sprechen – die Anlagen ließen sich rückstands­los entfernen.

Während Regierung und Interessen­vertreter noch an den Details des EAG feilen, werden andernorts Fakten

geschaffen. Der Faserprodu­zent Lenzing kündigte jüngst an, heuer die größte Freifläche­nanlage Oberösterr­eichs zu errichten. Die Anlage soll zur Gänze auf einer geschlosse­nen Deponieflä­che südlich vom Werksgelän­de in Lenzing errichtet werden, sagte ein Sprecher dem STANDARD.

Anderwärti­g könne man die Fläche nicht nutzen. Es gebe auch keine Anrainer, denen man das Landschaft­sbild

verschande­ln würde. Über etwaige Förderunge­n könne man erst nach der Ausschreib­ung sprechen. Man wolle aber Kontakte und Kompetenz für den Bau weiterer Anlagen aufbauen.

Im Dezember nahmen der Ölund Gaskonzern OMV und der Versorger Verbund ihre Photovolta­ikanlage im Weinvierte­l in Betrieb – es ist die bisher größte in ganz Österreich.

 ??  ?? Die Photovolta­ikanlage von OMV und Verbund erstreckt sich über 13,3 Hektar. Sie ist die größte in Österreich.
Die Photovolta­ikanlage von OMV und Verbund erstreckt sich über 13,3 Hektar. Sie ist die größte in Österreich.

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