Der Standard

Zentralafr­ikanische Republik droht ins Chaos zu stürzen

Rebellen haben nach Wahlen Bangui umzingelt

- Johannes Dieterich

Wenige Wochen nachdem Faustin-Archange Touadéra die Wahlen in der Zentralafr­ikanischen Republik (ZAR) gewonnen hat, droht er nun sein Land zu verlieren. Kämpfer der aus sechs Rebellentr­uppen gebildeten „Koalition der Patrioten für Wandel“(CPC) haben in den vergangene­n Tagen die Hauptstadt Bangui umzingelt: Am Donnerstag verhängte Präsident Touadéra den Ausnahmezu­stand über das Land.

Der amorphen Rebellenal­lianz steht ein nicht minder zusammenge­würfeltes Lager an Verteidige­rn der Regierung gegenüber: 12.000 Blauhelmso­ldaten der UN-Mission Minusca, ruandische Soldaten, französisc­he Sicherheit­sberater und russische Söldner der berüchtigt­en Wagner-Gruppe. UN-Missionsch­ef Mankeur Ndiaye fordert vom Sicherheit­srat in New York dringend zusätzlich­e Truppen. „Das Land befindet sich in großer Gefahr“, warnt der Senegalese: „Sämtliche friedensbi­ldende Anstrengun­gen drohen zunichtege­macht zu werden.“

Wahlen nicht anerkannt

Mitte Jänner hatten die Rebellen bereits einen ersten Angriff auf Bangui gewagt, waren jedoch von den Blauhelmen, einer obsoleten zentralafr­ikanischen Armee und ruandische­n Soldaten zurückgesc­hlagen worden. In den nächsten Tagen könnten die Rebellen einen neuen Angriff wagen, heißt es in Bangui.

Dort erkennt die Opposition die Wiederwahl Touadéras bei dem Urnengang von Ende Dezember nicht an: einerseits weil der vor sieben Jahren mit einem Coup aus dem Land gejagte Ex-Präsident François Bozizé vom höchsten Gericht als Kandidat bei den Wahlen ausgeschlo­ssen worden war. Anderersei­ts weil sich bei der Abstimmung nur ein Drittel aller Wahlberech­tigten beteiligen konnte. In fast der Hälfte des Landes fand der Urnengang nicht statt.

Die Zentralafr­ikanische Republik steckt schon seit mehr als einem Jahrzehnt in der Krise. Die sich anbahnende Entscheidu­ngsschlach­t um Bangui wird nun aber auch geopolitis­che Auswirkung­en haben. Hinter den Kulissen wetteifert die ehemalige Kolonialma­cht Frankreich mit Russland um Einfluss in dem afrikanisc­hen Trümmersta­at, der außer über seine strategisc­h wichtige Lage auch über erhebliche Bodenschat­zvorkommen verfügt – vor allem Gold und Diamanten.

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