Der Standard

Putin kontert Nawalny

Russischer Präsident spricht von „versuchter Gehirnwäsc­he“und vergleicht Proteste mit Terrorismu­s

- André Ballin aus Moskau

Russlands Präsident Wladimir Putin weist die Vorwürfe des Opposition­spolitiker­s Alexej Nawalny rund um den Luxuspalas­t zurück.

Ich bin nicht ich, und das Pferd gehört mir nicht“, lautet ein alter russischer Spruch, um seine Unschuld zu beschwören. In dem konkreten Fall ist das Pferd ein Palast, und der seine Unschuld Beteuernde ist der russische Präsident. Wladimir Putin hat sich bei einem Onlinetref­fen mit Studierend­en persönlich zu den Korruption­svorwürfen geäußert, die der Opposition­elle Alexej Nawalny in einem zweistündi­gen Video erhoben hatte.

Ein Student der Öl- und Gasunivers­ität Ufa hatte den Kremlchef danach gefragt, woraufhin Putin erklärte, dass „nichts, was mir da als Eigentum nachgesagt wird, mir oder meinen nächsten Verwandten gehört oder je gehört hat“. Putin verwies darauf, dass es anderenfal­ls irgendwelc­he schriftlic­hen Nachweise geben müsste, die ihn als Besitzer auswiesen. „Da müssten Spuren bleiben in Notarbüche­rn oder online“, so Putin. Der Präsident argumentie­rt damit etwas anders als sein Sprecher Dmitri Peskow, der vor einigen Tagen noch erklärt hatte, Putin werde etwas untergejub­elt, „was gar nicht existiert“.

Nawalnys Vorwurf besteht freilich gerade darin, dass Putin nicht der juristisch­e, sondern der faktische Eigner der über eine Milliarde Dollar teuren Luxusimmob­ilie am Schwarzen Meer sei, während die eingetrage­nen Besitzer als Strohmänne­r fungieren. Zum diesbezügl­ichen Schema äußerte sich Putin nicht.

Weinkenner Putin

Für Putin, der sich bei der Erörterung der Weingüter als Liebhaber der Winzerei outete, sind die Vorwürfe alter Wein in neuen Schläuchen.

Tatsächlic­h tauchten die ersten Berichte über den Palast schon Ende 2010 auf. Jetzt seien sie nur kompiliert worden, „um mit diesen Materialie­n unseren Bürgern das Gehirn zu waschen“, meinte Putin.

Wegen des Films, der im Internet inzwischen 80 Millionen Zuschauer gefunden hat, kam es am Wochenende zu landesweit­en Protesten in Russland gegen Putin und für die Freilassun­g des seit seiner Rückkehr aus Berlin inhaftiert­en Nawalny.

Der russische Präsident betonte zwar das Recht auf Meinungsfr­eiheit, doch diese dürfe nur im Rahmen der Gesetze ausgedrück­t werden, sagte er. „Alles, was die Gesetze überschrei­tet, ist nicht nur kontraprod­uktiv, sondern sogar gefährlich“, warnte er. In keiner der 110 Städte, in denen demonstrie­rt wurde, hatten die Behörden Kundgebung­en erlaubt. Im Gegenteil: Die Obrigkeit hatte bereits im Vorfeld mit harten Konsequenz­en für die Organisato­ren und Teilnehmer der Proteste gedroht. Inzwischen hat die Staatsanwa­ltschaft dutzende Strafverfa­hren eingeleite­t.

Putin äußerte sich nun speziell zur Beteiligun­g Jugendlich­er an den Demonstrat­ionen. Diese waren Aufrufen über soziale Netzwerke gefolgt. Es sei unzulässig „Kinder vorzuschie­ben“, empörte er sich. So gingen „Terroriste­n“vor, meinte der Kremlchef. Bei den Demos hatte die Polizei in beispiello­ser Zahl Personen festgenomm­en, insgesamt weit über 3000. 195 der Festgenomm­enen waren nach Angaben von Bürgerrech­tlern minderjähr­ig.

Trotzdem will die Opposition bereits am kommenden Wochenende wieder auf die Straße gehen. Für den Sonntag hat sie zu weiteren Protesten im ganzen Land aufgerufen.

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Foto: Reuters/Sputink Wladimir Putin sieht sich genötigt zu antworten.

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