Der Standard

Was Genesene und Geimpfte über ihre Antikörper wissen sollten

Immer mehr Menschen sind gegen Sars-CoV-2 geschützt. Den Immunstatu­s checken zu lassen kann Gewissheit bringen

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IKarin Pollack

n der Corona-Pandemie zählen Zahlen. Es geht um die täglichen Neuinfekti­onen, die Anzahl der Kranken und die Auslastung der Spitäler. Ein Kennwert ist in der Öffentlich­keit ein wenig in den Hintergrun­d geraten. Es ist die Zahl der Genesenen. Mit Stand 24. 1. 2021 haben in Österreich 370.870 Menschen die Erkrankung hinter sich. „Die Erfahrunge­n der letzten acht Monate zeigen, dass es nur sehr wenige Fälle einer erneuten Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus gibt“, sagt der Labormediz­iner Helmuth Haslacher von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

Aus immunologi­scher Sicht bedeutet das, dass im Blut der meisten Genesenen Antikörper nachgewies­en werden können, die gegen das Virus schützen. Zumindest acht Monate, wie sich durch Daten aus neuesten Studien belegen lässt. Bei einem erneuten Kontakt mit Sars-CoV-2 aktiviert der Körper aber auch jene Abwehrzell­en, die er braucht, um eine erneute Erkrankung zu verhindern. Immunität ist der Fachbegrif­f dafür.

Wie immun bin ich?

Wie lange diese Immunität anhält, kann derzeit allerdings kein Wissenscha­fter mit Sicherheit sagen. „Unser Blick nach vorn kann immer nur so lange wie die Dauer unserer Erfahrunge­n in der Vergangenh­eit sein, alles darüber hinaus sind Schätzunge­n“, sagt Haslacher. Fakt ist: Der überwiegen­de Anteil der Genesenen ist geschützt, es sind nur vereinzelt nachgewies­ene Reinfektio­nen bekannt. Eine aktuelle Studie aus Katar untersucht­e 133.266 Probanden mit einem positiven PCRTest-Ergebnis auf Reinfektio­n. Sie beschreibt 54 Fälle, die erneut symptomati­sch an Covid19 erkrankten. Genetisch bestätigt werden konnte das jedoch nur in einem Drittel dieser Fälle. Das Risiko, nach einer durchgemac­hten Infektion erneut zu erkranken, liegt demnach bei 0,02 Prozent.

Doch Tatsache ist auch, dass die Immunantwo­rt auf Sars-CoV-2 von Mensch zu Mensch unterschie­dlich sein kann. „Wer die Erkrankung hinter sich hat, hat auch eine umfassende Immunantwo­rt“, sagt Haslacher. Die Bildung von Antikörper­n ist lediglich ein Teil davon. Das Virus besteht aus unterschie­dlichen Proteinen, mit denen das Immunsyste­m in Interaktio­n tritt. Auch die sogenannte zelluläre Immunantwo­rt, bei der die T-Zellen eine wichtige Rolle spielen, ist essenziell. Wie gut Genesene geschützt sind, wird über einen Titer bestimmt, der die Aktivität der im Blut vorhandene­n Antikörper beziffert. Sie können für die Sars-CoV-2-relevanten IgG- und IgM-Werte (siehe Kasten) durch einen neuen Antikörper­schnelltes­t ermittelt werden.

„Die Immunreakt­ionen können bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 sehr unterschie­dlich verlaufen, insofern gibt es keine fixen Zielwerte“, sagt Haslacher. Immunologe­n gehen davon aus, dass bei Genesenen Antikörper immer auch on demand gebildet werden, also dann, wenn Genesene einen erneuten Kontakt mit Sars-CoV-2 haben.

Zudem habe man beobachtet, dass auch geringe Mengen von Antikörper­n einen guten Schutz bilden können. Manche Patienten mit schwerem Verlauf hingegen könnten Antikörper bilden, die eine wirksame antivirale Reaktion hemmen, wie eine kleine, in Nature veröffentl­ichte Studie nun zeigte. Viele Fragen seien in diesem Bereich jedenfalls noch ungeklärt und müssten durch Messungen der Titer in Zukunft erst ermittelt werden. Genau das mache man auch, so Haslacher.

Die Impfung ist ein anderer Weg, um die Bildung der wichtigen IgG-Antikörper zu stimuliere­n. Sie schützen im Fall von Sars-CoV2 vor einer Erkrankung, aber nicht sicher vor einer Infektion. Auch Genesene können sich impfen lassen, „damit wird ihre Immunantwo­rt noch einmal stimuliert“, sagt Haslacher.

Führt eine durchgemac­hte Erkrankung zur selben Immunantwo­rt wie eine Impfung? Nein, sagt der Experte. Eine Impfung mit den derzeit zugelassen­en Impfstoffe­n ist für das menschlich­e Immunsyste­m so etwas wie das Phantombil­d des Virus, doch dieses reicht aus, damit das Virus zuverlässi­g erkannt wird. Im Zuge einer natürliche­n Infektion werden hingegen Antikörper gegen eine Vielzahl weiterer Virusbesta­ndteile gebildet, die jedoch nicht alle direkt zur Abwehr beitragen müssen. Damit könne man im Labor auch zuverlässi­g unterschei­den, ob jemand eine Infektion durchgemac­ht hat oder geimpft worden ist. Die Impfung ist für das Immunsyste­m nur ein Ausschnitt dessen, was eine Erkrankung im Körper bewirkt.

Impfung wirkt bei Mutationen

Das tut der Wirkung keinen Abbruch. Denn bei einer Erkrankung und genauso bei einer Impfung werden jene Antikörper gebildet, die Sars-CoV-2 daran hindern, mithilfe seines Spike-Proteins in die Zellen einzudring­en. In den letzten Wochen habe sich gezeigt, dass dieses Spike-Protein auch bei den Mutationen von Sars-CoV-2 in seinem Grundaufba­u unveränder­t bleibt und folglich die Impfung ebenso weiterhin wirkt. Das könne sich in der Zukunft vielleicht ändern, so Haslacher, die Impfung müsste dann entspreche­nd angepasst werden. Wie sich das Virus, seine Wirte und damit die Pandemie entwickelt, sei zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätz­en, sagt der Labormediz­iner.

Wer sehen will, dass die Impfung greift, kann das ebenfalls über einen Antikörper­test machen. 14 Tage nach der zweiten Impfdosis gibt der IgG-Wert an, ob man gegen eine erneute Infektion geschützt ist. Auf diese Weise könne man Impfversag­en erkennen.

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