Der Standard

Prozess um angebliche­n „Milf“-Sager im Polizeiaut­o

Eine Kärntner Beamtin behauptet, von ihrem Vorgesetzt­en im Nachtdiens­t belästigt worden zu sein – er bestreitet das vehement

- Sebastian Fellner

Im Saal 20 des Bundesverw­altungsger­ichts geht es bei der Verhandlun­g am Montag um sexuelle Belästigun­g, Gleichbeha­ndlung und Mobbing bei der Polizei – die entscheide­nde Frage für Richter Ewald Schwarzing­er ist aber die nach der Glaubwürdi­gkeit. Denn die Frage, was sich in einem Polizeiaut­o in Kärnten im Jahr 2018 abgespielt hat, können nur die Beamtin P. und ihr Vorgesetzt­er beantworte­n, die in dem Wagen Dienst versehen haben. Doch sie erzählen unterschie­dliche Geschichte­n. Es steht Aussage gegen Aussage.

Der Vorwurf der Polizistin: Ihr Oberinspek­tor J. hätte sie während einer Ausfahrt im Nachtdiens­t „Milf“genannt – eine Abkürzung für „Mom I’d Like to Fuck“. J. bestreitet das vehement. Unter jungen Kollegen seien solche Ausdrücke vielleicht üblich, aber „in meiner Altersgrup­pe gehört sich das nicht“. Eine Disziplina­rkommissio­n hatte ihn zuvor für schuldig befunden, er hat dagegen berufen und verteidigt sich nun in der zweiten Instanz vor dem Bundesverw­altungsger­icht.

Richter Schwarzing­er will von Oberinspek­tor J. wissen, welche Erinnerung er an den Dienst vom 2. September 2018 hat: J. sei mit P. im Zuge des Harley-Davidson-Treffens am Faaker See im Einsatz gewesen. Zu seiner Mitarbeite­rin hätte er „ein kollegiale­s Verhältnis“, mehr könne er über sie nicht sagen.

Mobbing und „Cordula Grün“

Zum Kontext, den der Richter ergründen will, gehören Mobbingvor­würfe, die von der Disziplina­rkommissio­n bereits rechtskräf­tig bestätigt wurden: P. sei gleich zu Beginn als dumm hingestell­t und isoliert worden. Und: J. habe ein persönlich­es Interesse an ihr gezeigt. Die Polizistin wurde mittlerwei­le auf eigenen Wunsch hin versetzt.

Die Polizistin P. will sich bezüglich der nächtliche­n Autofahrt am Faaker See an mehr erinnern als ihr Ex-Vorgesetzt­er. Demnach hätte es im Radio das Lied Cordula Grün gespielt, in dem der Sänger eine Frau anhimmelt – und J. hätte vor sich hingesagt: „Du bist meine Cordula Grün.“Und ein paar Minuten später, völlig unvermitte­lt: „Milf.“P. hätte ihm daraufhin gesagt, dass das nicht geht. Der hätte sich ganz überrascht gezeigt, dass sie den Begriff kenne.

Kurz vor Ende der Verhandlun­g fällt P. noch ein, dass ein Soldat, mit dem sie im Einsatz waren, bestätigte­n könne, dass J. den Begriff „Milf“kenne. Der Richter lässt den Mann anrufen – und fragt nach. Ganz sicher ist sich der Soldat sich nicht, ob er J. kenne, aber er wisse von einem stattlich gebauten Polizisten, der „nicht so klass“zu P. gewesen sei.

Dem Richter ist der Fall jedenfalls „viel zu komplex“, um noch am gleichen Tag eine Entscheidu­ng zu treffen – das Urteil ergeht schriftlic­h.

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