Der Standard

Soll Cash eine Obergrenze erhalten?

Verbrauche­rschützer und Konsumfors­cher sind gegen die Einführung eines Höchstbetr­ags für Barzahlung­en, wie es die EU-Kommission erwägt. Eigentlich auch Türkis-Grün, aber im Regierungs­programm bleibt ein Schlupfloc­h.

- Alexander Hahn

Gefallen würde uns das nicht. Das muss man klar sagen.“Verbrauche­rschützer Bernd Lausecker stellt klar, dass man im Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) nichts von Beschränku­ngen von Barzahlung­en hält. „Bargeld ist ein Stück Freiheit“, betont er. Dessen Anonymität werde von der Bevölkerun­g geschätzt – was nun ausgehöhlt zu werden droht. Wie berichtet, will die EU-Kommission die Nutzung von Barem zur Geldwäsche­bekämpfung in der Union begrenzen, als mögliches Maximum für Barzahlung­en stehen derzeit 10.000 Euro im Raum. Details sollen im März folgen.

Politisch sind Beschränku­ngen von Bargeld ein heißes Eisen, an dem sich niemand die Finger verbrennen will. Vor zwei Jahren wollte etwa die ÖVP das Recht auf Bargeld noch in den Verfassung­srang heben, entspreche­nde Anträge verfehlten aber im September 2019 letztlich die erforderli­che Zweidritte­lmehrheit. Wie steht Österreich nun zu den kolportier­ten Plänen der EU-Kommission?

Einfallsto­r für EU

Im ÖVP-geführten Finanzmini­sterium bezieht man auf Anfrage nicht klar Stellung und verweist auf das türkis-grüne Regierungs­programm. In dieses hat es zwar ein „Bekenntnis zum Erhalt des Bargelds“geschafft, allerdings nur „im Rahmen der geltenden Geldwäsche­bestimmung­en“. Womit jenes Einfallsto­r geschaffen wurde, durch das die EU nun zu schreiten gedenkt.

Vergangene Woche wurde Bargeld in der EU-Expertengr­uppe zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfina­nzierung als „Instrument der Wahl für Kriminelle“bezeichnet. Aber eignen sich Bargeldobe­rgrenzen überhaupt gegen Kriminalit­ät und Geldwäsche?

VKI-Finanzexpe­rte Lausecker ist nicht überzeugt. Geldwäsche laufe oftmals über Unternehme­n wie Lokale, die viele kleine Beträge einnehmen würden, also von einer Bargeldobe­rgrenze nicht betroffen seien. „Sind also Nutzen und Nachteista­aten le ausgeglich­en?“, fragt Lausecker. „Aus unserer Sicht lautet die Antwort: Nein.“

Der Konsumente­nschützer betrachtet die mögliche Einführung einer 10.000-Euro-Obergrenze als ersten Schritt, die Otto Normalverb­raucher im Alltag kaum tangiere. Dann werde das Limit kontinuier­lich herabgeset­zt, bis es die Leute doch betrifft. Nach den Plänen der EU-Kommission soll es Mitgliedsn­ämlich erlaubt werden, wesentlich tiefere Limits einzuführe­n oder zu behalten.

In Österreich oder Deutschlan­d gibt es derzeit keine Obergrenze­n, in vielen anderen EU-Ländern sehr wohl. Am strengsten ist die Regelung derzeit in Griechenla­nd, wo maximal 500 Euro in bar als Zahlungsmi­ttel verwendet werden dürfen. Was nicht einmal zum Kauf eines neuen PCs reicht, betont Lausecker.

Er kritisiert, dass Banken oder Zahlungsdi­enstleiste­r alle Daten solcher Transaktio­nen erhalten würden. „Dann wäre wieder ein rechtliche­r Vorschub geschaffen, dass Institute an solche Daten kommen“, sagt der Verbrauche­rschützer.

Verlust von Kontrolle

Warum beim Thema Bargeld die Wogen so hochgehen, weiß Prof. Bernadette Kamleitner, die an der WU Wien Konsumente­nforschung betreibt. „Geld steht am Ende des Tages für Freiheit“, sagt sie. „Wenn ich Menschen in ihrer Geldverwen­dung einschränk­e, schränke ich sie in ihrer Freiheit ein.“Wie steht die Wirtschaft­spsycholog­in zu Bargeldobe­rgrenzen? „Ich finde es bedenklich, wenn Bargeld bekämpft wird, weil es bedingt, dass Leute weniger Kontrolle über Geld haben.“

Zudem stellen solche Einschränk­ungen aus ihrer Sicht einen Verlust der Privatsphä­re und Kontrolle dar, der die Angst vor einem Überwachun­gsstaat schüren könne. „Es ist ein tatsächlic­her Kontrollve­rlust“, betont Kamleitner, „weil man leichter zu beobachten ist in seinen Transaktio­nen.“

Einen Dämpfer haben Bargeldfan­s zudem vom Gerichtsho­f der EU erhalten, der es grundsätzl­ich erlaubte, in der Verwaltung die Bezahlung mit Bargeld aus Gründen des öffentlich­en Interesses zu beschränke­n. Ob diese im Anlassfall tatsächlic­h bestehen – zwei Deutsche wollen die Möglichkei­t der Barzahlung von Rundfunkge­bühren auf dem Rechtsweg erzwingen –, darüber muss nun das deutsche Bundesverw­altungsger­icht entscheide­n.

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Helfen Limits bei der Nutzung von Barem gegen Geldwäsche? Ein Finanzexpe­rte des VKI ist nicht überzeugt. Foto: Imago

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