Politik will trotz Pannenserie Skilifte geöffnet halten
In Tirol sorgen Skigebiete weiter für Probleme. Landes- und Bundesregierung sprechen sich dennoch gegen Schließungen aus. Indes läuft die Suche nach dem Ursprung des Zillertal-Clusters mit der Virusmutante B.1.351 weiter.
– Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bekräftigte am Dienstag, dass man trotz andauernder Pandemie und nicht enden wollender Meldungen über Lockdown-Verstöße nicht von der Öffnung der Skilifte abrücken will. Während die Behörden im Tiroler Zillertal weiterhin nach dem Ursprung des dortigen Corona-Clusters suchen, der von einem Skigebiet ausging und in dem bereits mehrere Fälle der südafrikanischen Virusmutante nachgewiesen wurden, meldete sich am Dienstag der Bürgermeister von St. Anton am Arlberg und beklagte, dass trotz Lockdowns zahlreiche Partyskitouristen im Ort seien. Sie haben einfach Zweitwohnsitze in Hotels angemeldet. (red)
Kaum ein Tag vergeht ohne Negativmeldungen aus Tirols Skigebieten. Allein 2021 sorgte zuerst der Skischul-Cluster unter Briten in Jochberg für Aufregung. Dann kam der Skilift-Cluster mit der Südafrika-Mutation im Zillertal. Und am Dienstag klagte der Bürgermeister von St. Anton am Arlberg, Helmut Mall, über „dutzende Partyskitouristen“aus Skandinavien und Großbritannien, die über Hotels einen Zweitwohnsitz im Ort anmeldeten und vorgaben, auf Arbeitssuche zu sein. In Wahrheit, so der Bürgermeister, seien die illegalen Gäste zum Skifahren am Arlberg. Ihm fehle aufgrund juristischer Schlupflöcher aber jede Handhabe dagegen.
Eine Schließung der Skilifte ist dennoch weder für die Tiroler Landes- noch für die Bundesregierung Thema. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bestätigte das im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) verwies, von der APA darauf angesprochen, auf „Umfragen“, denen zufolge sich zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung für eine Öffnung der Skilifte aussprechen sollen.
Pikante Spur zu Südafrika-Urlaubern
Doch der Unmut über Lockdown-Brecher in Skigebieten wächst auch in Tirol. Denn die Umgehung geltender Corona-Maßnahmen sorgt nicht nur für Ärger, sondern auch für Neuinfektionen. Der Zillertaler Cluster strahlte mittlerweile in ein Altenheim und zwei weitere Tiroler Bezirke aus. Wie die südafrikanische Virusmutante ins Land kommen konnte, ist noch Gegenstand behördlicher Ermittlungen.
Besonders pikant ist dabei jene Spur, die offenbar zu Hoteliers führt, die über Weihnachten und Silvester Urlaub in Südafrika gemacht haben sollen. Laut Auskunft des Leiters des Covid-Krisenstabs des Landes Tirols, Elmar Rizzoli, gehe man derzeit Hinweisen nach, denen zufolge die Urlaubsrückkehrer die Quarantäne nicht eingehalten und so die verhängnisvolle Infektionskette ausgelöst haben könnten.
Im Zillertal, wo nach Recherchen des STANDARD am vergangenen Wochenende der Cluster ausgehend vom Skigebiet Hochfügen bekannt wurde – dort hatten sich mindestens 16 Seilbahnmitarbeiter infiziert –, werden seither im Zuge der angeordneten Massentests immer mehr positive Fälle entdeckt: Mit Stand Montagabend waren es 29 positive Ergebnisse.
Der Cluster strahlte auch in ein Altenwohnheim in Münster aus, wo 18 Bewohner und Mitarbeiter positiv getestet wurden. Die Behörden registrieren die Fälle mit großer Besorgnis, da die südafrikanische Virusmutation B.1.351 bei mindestens sieben Fällen im Zillertal, in Innsbruck-Land und Innsbruck nachgewiesen wurde. 21 weitere Verdachtsfälle werden noch abgeklärt.
Eine andere Spur hinsichtlich der südafrikanischen Virusmutante führt nach Süddeutschland. Einheimische berichteten am Wochenende, dass zuletzt auffallend viele Kennzeichen aus dieser Region auf den Parkplätzen der Skigebiete zu sehen gewesen seien. Auch der Bürgermeister von Fügen und der Schwazer Bezirkshauptmann bestätigten diese Beobachtungen. Seitens des Landes heißt es jedoch, man habe bei den „permanenten Kontrollen“nicht einen einzigen Verstoß bemerkt.
Problematisch ist das, weil sich im Raum München die zwei neuen Varianten des Virus, die britische B.1.1.7- und die südafrikanische B.1.351-Mutante, derzeit schnell ausbreiten. Darauf weist die ApothekenUmschau hin, die aus Berichten des Münchner Labors Becker & Kollegen zitiert.
Das Labor hat zunächst Proben zwischen 28. Dezember und 7. Jänner untersucht und dabei nur in einer Probe die Hinweise auf die Mutationen entdeckt. Das entsprach einem Anteil von 0,2 Prozent. Später wurden weitere Proben untersucht. Am 20. Jänner lag der Anteil der Mutationen bei 4,7 Prozent, am 21. Jänner bei 8,1 Prozent.
Vor allem die britische Variante gilt als wesentlich ansteckender. In einer internen Bund-Länder-Schaltung soll Kanzlerin Angela Merkel laut Bild-Zeitung die Mutationen als „Pulverfass“bezeichnet und über das Krisenmanagement in der Pandemie gesagt haben: „Uns ist das Ding entglitten.“