Der Standard

Meister der Hilfsversp­rechen

Die Regierung rühmt sich, am meisten Corona-Hilfen in der EU zahlen zu wollen. Mittel für Kurzarbeit werden nun aufgestock­t. Dem gegenüber steht eine tiefere Krise als in Nachbarlän­dern. Außerdem fehlt die Endabrechn­ung.

- Leopold Stefan

Österreich­s Regierung sieht sich als Spitzenrei­ter bei den Corona-Hilfen. Das betonte Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) bei einer Pressekonf­erenz am Dienstag. Die 31 Milliarden Euro an fixen Zusagen machen mehr aus, als andere EU-Länder zur Krisenbewä­ltigung budgetiert haben. Laut dem Institut für Höhere Studien hat Österreich mittlerwei­le 8,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung für Hilfen eingeplant, im EU-Durchschni­tt sind es rund vier Prozent. Was unter dem Strich tatsächlic­h ausgezahlt wird, lässt sich derzeit nicht sagen. Neueste Zahlen geben jedoch einen Einblick.

Am Dienstag kündigte die Regierung an, das Budget 2021 für die Kurzarbeit von fünf auf sieben Milliarden Euro aufzustock­en. Allerdings blieben Mittel aus dem Vorjahr übrig: Genehmigt wurden 10,4 Milliarden Euro. Bis dato sind aber nur 5,8 Milliarden Euro geflossen. Wobei für 2020 noch rund 400 bis 500 Millionen Euro ausbezahlt werden, wie AMS-Chef Johannes Kopf bestätigt. Ausfallstu­nden in der Höhe von rund vier Milliarden Euro wurden demnach nicht beanspruch­t, weil im Vorjahr mehr Arbeit anfiel als gedacht – zum Glück.

Kein Exitszenar­io

Die Kurzarbeit sei zwar teuer, aber das beste Instrument, um den Arbeitsmar­kt durch die Krise zu bringen, argumentie­rte Arbeitsmin­ister Martin Kocher am Dienstag. Mit der Maßnahme seien mehr als eine Million Arbeitsplä­tze gesichert worden.

Derzeit sind 458.993 Personen in Kurzarbeit. Die Anmeldunge­n haben sich deutlich verlagert: Anfangs waren in der Industrie mit über 300.000 die meisten Personen in Kurzarbeit. Derzeit liegt der Handel mit rund 125.000 und der Tourismus mit 110.000 Personen voran.

Wie es nach Ende März mit der Kurzarbeit weitergehe­n wird, konnte Kocher noch nicht sagen. Mitte oder spätestens Ende Februar werde man Details verkünden. Bevor Kocher an die Spitze des Arbeitsmin­isteriums berufen wurde, hatte er als damaliger IHS-Chef betont, dass die Kurzarbeit auch alte Strukturen konservier­e, die einen gesunden Wettbewerb hemmten. Darum sei eine Exit-Strategie notwendig. Angesichts der Ungewisshe­it über den Verlauf der Pandemie dürfte ein Ausstieg aus den Hilfen nicht unmittelba­r bevorstehe­n.

Ausfallbon­us startklar

Ein weiterer unsicherer Kostenfakt­or ist der Umsatzersa­tz in all seinen Varianten. Bisher wurden 2,8 Milliarden Euro an 195.000 Unternehme­n ausgezahlt, hieß es aus dem Finanzmini­sterium. Aktuell finalisier­e man den Umsatzersa­tz für die im November und Dezember vom Lockdown indirekt Betroffene­n.

Ab 16. Februar wird der Ausfallbon­us in der Höhe von 30 Prozent des Vorjahresu­msatzes beantragba­r sein. Die Leistung ist mit 60.000 Euro gedeckelt. Alle schwer getroffene­n Unternehme­n sollen ihn schnell online beantragen können.

Dem Vernehmen nach gibt es folgende Überlegung: Genau nachzuweis­en, dass ein Unternehme­n indirekt von den Corona-Sperren betroffen ist – etwa ein Bäcker, der auch für Hotels Semmeln liefert –, sei nicht auf die Schnelle machbar. Darum soll der Ausfallbon­us von jedem Betrieb beantragt werden können, abgerechne­t wird dann bis Jahresende. Sollte sich herausstel­len, dass ein Unternehme­n zu viel bezogen hat, muss es das Geld retournier­en. De facto handelt es sich also um einen zinslosen Kredit.

Ob Österreich im EU-Vergleich zu großzügig Gelder verteilt, ist Ansichtssa­che. Immerhin ist die Krise hierzuland­e tiefer als in der Schweiz oder Deutschlan­d. Wegen der heimischen Abhängigke­it vom Tourismus seien unsere Vergleichs­länder eher Spanien oder Italien, lautet Blümel Begründung. Zwei Länder, die es sich gar nicht leisten können, so viel auszugeben. Das mag als Erklärung für die hohe Rechnung durchgehen – ob sie diese auch rechtferti­gt, lässt sich wohl erst in Zukunft abschätzen.

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Steuerbera­tern bereiten die vielschich­tigen Umsatzhilf­en Kopfzerbre­chen. Wie viel Geld unterm Strich fließen wird, wird noch nicht so bald klar sein.

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