Der Standard

Dating-App Grindr muss Millionens­trafe zahlen

Das Unternehme­n übermittel­te Werbepartn­ern sensible Daten, etwa zum Standort oder zur sexuellen Orientieru­ng seiner Nutzer

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Die Dating-App Grindr, die sich nach eigenen Angaben vor allem an Nutzer aus der LGBTQ+Community richtet, muss wegen Datenschut­zverstößen eine Strafe in der Höhe von rund 9,6 Millionen Euro (100 Millionen norwegisch­e Kronen) zahlen. Das Unternehme­n habe unerlaubt Nutzerdate­n an Werbetreib­ende weitergege­ben und damit gegen die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) der EU verstoßen, befindet die norwegisch­e Datenschut­zbehörde.

Die Entscheidu­ng erfolgt nach einer Beschwerde des norwegisch­en Verbrauche­rschutzver­bands NCC gemeinsam mit der österreich­ischen Datenschut­z-NGO Noyb. Die NCC hatte in ihrem ausführlic­hen Bericht mit dem Namen „Out of Control“im vergangene­n Jahr herausgefu­nden, dass das Unternehme­n sensible Informatio­nen, darunter etwa den GPS-Standort, oder, dass jemand Grindr überhaupt nutzt, an potenziell hunderte Werbepartn­er weitergibt. Letzteres wurde von der norwegisch­en Datenschut­zbehörde als speziell problemati­sch empfunden, da die DSGVO Daten bezüglich der sexuellen Orientieru­ng als besonders schützensw­ert definiert.

Die Argumentat­ion des Unternehme­ns, dass die App ja auch von heterosexu­ellen oder Personen, die sich ihrer Sexualität nicht bewusst sind und ein gleichgesc­hlechtlich­es Verhältnis zunächst ausprobier­en wollen, genutzt werde, wurde zurückgewi­esen. Schließlic­h definiere Grindr die App selbst als „ausschließ­lich für die schwule und Bi-Community“.

Keine Einwilligu­ng

Zudem hatte Grindr zuvor behauptet, Nutzer würden selbst ihre sexuelle Orientieru­ng öffentlich machen, weswegen der Schutz nicht notwendig sei. „Wenn eine App für die schwule Community argumentie­rt, dass die besonderen Schutzbest­immungen für die Community eigentlich nicht gelten, ist das doch erstaunlic­h“, sagt Max Schrems, Vorsitzend­er bei Noyb: „Ich bin mir nicht sicher, ob die Anwälte von Grindr das wirklich zu Ende gedacht haben.“Nutzer hätten laut der norwegisch­en Datenschut­zbehörde keine spezifisch­e Einwilligu­ng für die Datenweite­rgabe gegeben. Stattdesse­n hätten sie der gesamten Datenschut­zerklärung zustimmen müssen und konnten bestimmte Verarbeitu­ngen – wie eben jene zu Werbezweck­en – nicht deaktivier­en. Das sei unzulässig.

Weiters habe Grindr gar nicht kontrollie­rt, was die Unternehme­n mit den Daten machen. Demnach könnten Unternehme­n, die Zugriff darauf erhalten haben, ein nachträgli­ches Opt-out einfach ignorieren. Dabei müsste sich der DatingApp-Anbieter für die Weitergabe verantwort­en und sie prüfen.

Ein erfolgreic­her Einspruch sei nach Einschätzu­ng von Noyb unwahrsche­inlich – eher könne es sogar zu noch mehr Bußgeldern kommen. Grindr beziehe sich nämlich mittlerwei­le auf ein „berechtigt­es Interesse“, um Daten weiterzuge­ben – jedoch habe die norwegisch­e Datenschut­zbehörde bereits kundgegebe­n, dass jede Weitergabe zu Marketingz­wecken zunächst eine Zustimmung vorsehe. (muz)

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