Der Standard

Grünes Schweigen zur Agenten-Causa um Berîvan Aslan

Manche Parteifreu­nde zweifeln an großer Gefahr

- Jan Michael Marchart Michael Völker

Seit dem vergangene­n September kann Berîvan Aslan ihre Wohnung nur mit Polizeisch­utz verlassen. Damals erreichte die kurdischst­ämmige Politikeri­n der Wiener Grünen eine Hiobsbotsc­haft: Ein angebliche­r Ex-Agent des türkischen Geheimdien­stes MIT stellte sich der österreich­ischen Polizei und erklärte, den Auftrag erhalten zu haben, Aslan „umzubringe­n oder wenigstens zu verletzten“. Das geht aus der Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft Wien hervor.

Seither hat sich einiges getan. Der italienisc­he Staatsbürg­er mit türkischen Wurzeln kam in Untersuchu­ngshaft. Aus dieser wurde er vor dem Jahreswech­sel entlassen und nach Italien abgeschobe­n. Am 4. Februar sollte ihm in Wien wegen militärisc­hen Nachrichte­ndiensts für einen fremden Staat der Prozess gemacht werden. Der Termin musste wieder abberaumt werden – mangels des Angeklagte­n. Die britische Tageszeitu­ng Telegraph berichtete kürzlich, dass sich der Verdächtig­e nun in Nordafrika aufhält.

Aslan hält jede dieser Entwicklun­gen minutiös in den sozialen Netzwerken fest. In ihren Beiträgen auf Facebook und Twitter sorgt sich die Politikeri­n um Demokratie und Menschenwü­rde. Der Fall sorgt auch internatio­nal für Aufsehen.

In Österreich fühlt sich die Grüne ziemlich allein. Dass die Minister für Inneres und Äußeres, Karl Nehammer und Alexander Schallenbe­rg (ÖVP), einen großen Bogen um diese Causa machen, ärgert Aslan.

Nur eine „Weggefährt­in“

Viel unverständ­licher wirkt aber, dass von den Grünen die Solidaritä­t ausbleibt. Die kürzlich abgesetzte Ex-Klub-Vize Ewa Ernst-Dziedzic war die Einzige des grünen Spitzenper­sonals, die ihre „Freundin und politische Weggefährt­in“öffentlich­keitswirks­am unterstütz­te.

Wenn man sich bei den Grünen umhört, scheint der Fall nicht die Brisanz zu haben. Parteiinte­rn stellt man sich die Frage, ob die Gefahr für Aslan wirklich so schlimm ist und ob sie sich da nicht in etwas hineinstei­gert. Die Namen des Ex-Grünen Peter Pilz und des roten EU-Abgeordnet­en Andreas Schieder seien bei der Einvernahm­e des Verdächtig­en auch gefallen, die beiden würden aber weniger Staub aufwirbeln. Vielleicht dreht sich das, wenn das Dreiergesp­ann am Mittwoch gemeinsam an die Öffentlich­keit tritt.

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