Der Standard

Tracking durch die Vordertür

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Muzayen Al-Youssef

Wo Geld im Spiel ist, ist stets auch eine Spur. Das ist die Realität unseres Finanzsyst­ems, und die Politik sieht einen guten Grund darin, das nicht zu ändern. Schließlic­h würde alles andere das Tor für Geldwäsche öffnen und Kriminelle­n freies Spiel bereiten, lautet die Argumentat­ion. Bargeld ist in dieser Rechnung ein Haken, denn wer mit Papiernote­n zahlt, kann auch nicht zurückverf­olgt werden.

Klar ist es praktisch, auf diese zu verzichten: Nie wieder beim Wirt zu sitzen und erst nach dem dritten Bier draufzukom­men, dass man auf den Abstecher zum Bankomaten vergessen hat – gerade in Österreich, wo es immer noch viele Lokale gibt, die keine Kartenzahl­ung anbieten, wäre das erfreulich. Doch die Transparen­z hat auch Konsequenz­en. Man denke beispielsw­eise an sogenannte­s Kreditscor­ing, bei dem die Kreditwürd­igkeit eines Kunden anhand der vorhandene­n Daten berechnet wird. Wer vielleicht zu viel Alkohol trinkt, könnte sich dann also im Extremfall plötzlich nicht mehr die eigene Wohnung finanziere­n.

Sofern Anonymität gewährleis­tet werden kann, würde wohl auch jeder bereit sein, nur mehr digital zu zahlen. Aber bis dahin, und es ist unwahrsche­inlich, dass das je der Fall sein wird, stellt sich die Frage: Muss eine Bank wirklich immer wissen, wann – und übrigens auch wo – ihre Kunden sich Sexspielze­ug, Alkohol oder Zigaretten gekauft haben?

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