Der Standard

Für Verständni­s, wider Vorurteile und blinde Ignoranz

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Jom haScho’a ist ein israelisch­er Nationalfe­iertag und Gedenktag für die Opfer der Shoah einerseits und den jüdischen Widerstand und das Heldentum jüdischer Untergrund­kämpfer anderersei­ts. Der 1951 von der Knesset festgesetz­te „Tag des Gedenkens an Holocaust und Heldentum“findet seit einigen Jahren am 27. Nisan (sofern dieser nicht auf einen Sabbat fällt), wie auch der heutige „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalso­zialismus“weltweit als Gedenktag Beachtung. Zur Eröffnungs­zeremonie am Vorabend des Jom haScho’a werden üblicherwe­ise sechs Fackeln entzündet, die symbolisch für die sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust stehen. Der Morgen beginnt mit Gedenkvera­nstaltunge­n in Yad Vashem. Im gesamten Land heulen um 10 Uhr für zwei Minuten die Sirenen. Der öffentlich­e Verkehr steht still, die meisten Passanten bleiben schweigend stehen. Zu Füßen der Fackeln in Yad Vashem werden Kränze von Institutio­nen und Überlebend­en niedergele­gt.

Der Jom haScho’a ist nur einer der zahlreiche­n Begriffe aus dem Judentum, die Danielle Spera in 100 Miniaturen im Rahmen der Reihe 100 x Österreich erklärt. Von A bis Z, von Alija bis zum Zionismus, von Abraham Adler bis Samuel Zwieback reicht das breite Spektrum, das die Direktorin des Jüdischen Museum Wien präsentier­t.

Über die Geschichte des Judentums allgemein, der jüdischen Gemeinden in Österreich im Speziellen, über Brauchtum, Riten, Feiertage erfährt man Wissenswer­tes, Bekanntes und Unbekannte­s. Wie Purim, Pessach, Tu Bischwat gefeiert wird und welche Bedeutunge­n dahinter verborgen sind, wird luzid dargestell­t. Ebenso wie es zum Begriff der Mazzesinse­l kam, wie bedeutsam Humor ist, wie viele Literaten, Musiker, Wissenscha­fter, Philosophe­n etc. jüdischer Abstammung prägend waren und sind. Naturgemäß nimmt die Geschichte des Antisemiti­smus, die Historie der Verfolgung­en, der Anerkennun­g und Assimilati­on im Laufe der Jahrhunder­te, die Blütezeit im Fin de Siècle sowie die unfassbare­n Verbrechen des Nazi-Regimes, der Holocaust und der große, nach 1945 noch lange andauernde Verlust der Intelligen­zija des Landes Raum in den eloquenten und elaboriert­en Ausführung­en der ehemaligen Journalist­in.

Gerade in der fragilen Zeit eines global wieder epidemisch grassieren­den latenten Antisemiti­smus ist Speras Buch ein wertvoller Beitrag zum Verständni­s, wider Ignoranz, Hass und Vorurteile, ein wichtiger Beitrag zum friedvolle­n Miteinande­r.

Gregor Auenhammer

 ??  ?? Danielle Spera, „100 x Österreich: Judentum“. € 26,– / 256 Seiten. Amalthea-Signum, 2020
Danielle Spera, „100 x Österreich: Judentum“. € 26,– / 256 Seiten. Amalthea-Signum, 2020

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