Der Standard

Was wusste Van der Bellen von Ibiza?

Im STANDARD-Interview behauptete der Ibiza-Drahtziehe­r Julian H., den Bundespräs­identen über Dritte gewarnt zu haben. In der Hofburg will man davon nichts wissen. Die FPÖ will Van der Bellen befragen.

- Fabian Schmid

Am Mittwochvo­rmittag hat der Regisseur des Ibiza-Videos Julian H. erstmals sein Schweigen gebrochen: Im Interview mit dem STANDARD und in einem gemeinsame­n Gespräch mit Spiegel und SZ erzählte der Wiener, der in Berlin in Haft ist, seine Sicht der Ereignisse. Einige Aussagen erregten besondere Aufmerksam­keit: So gab H. an, rund eine Woche vor dem Erscheinen des Videos einem Mitarbeite­r von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen Ausschnitt­e davon vorgespiel­t zu haben.

„Davon ist der Präsidents­chaftskanz­lei nichts bekannt“, lautet deren offizielle Aussage. Auch Van der Bellens einstiger Wahlkampfm­anager Lothar Lockl und der Werber Martin Radjaby dementiert­en, Julian H. je getroffen zu haben. Dessen Aussagen werden in den Ermittlung­sakten allerdings von Anwalt M., einem weiteren Drahtziehe­r des

Videos, untermauer­t. Außerdem gab Julian H. an, dass ihm der Name eines in der Öffentlich­keit nicht allzu prominente­n Van-der-Bellen-Mitarbeite­rs genannt wurde. Bei diesem könne er eine Art „Testament“platzieren.

E-Mail für den Präsidente­n

Den Eingang einer solchen EMail bestätigte die Präsidents­chaftskanz­lei: „Zutreffend ist, dass Julian H. das Schreiben mit seinem Namen kennzeichn­ete. Nicht zutreffend ist hingegen, dass er die Veröffentl­ichung des Ibiza-Videos ankündigte.“

Er habe „lediglich vage Andeutunge­n über eine bevorstehe­nde Veröffentl­ichung zum Thema Korruption gemacht sowie geäußert, dass er mit Repressali­en rechne“, sagte die Präsidents­chaftskanz­lei dem STANDARD. Die E-Mail sei „ad acta“gelegt worden; der Bundespräh­ält“,

sident habe erst einen Tag vor der Videoveröf­fentlichun­g von „Gerüchten“über eine Aufnahme erfahren, zuvor sei er auf Staatsbesu­ch im russischen Sotschi gewesen.

Für die FPÖ ist der Vorgang Grund genug, eine Ladung von Van der Bellen und Lockl in den U-Ausschuss vorzunehme­n. Der blaue Fraktionsf­ührer Christian Hafenecker sprach von einer „skandalöse­n Enthüllung“.

Dirty Campaignin­g

Eine „Bombe“sah sein rotes Pendant Jan Krainer hingegen in Interviewp­assagen, denen zufolge Julian H. für belastende Aussagen gegen die SPÖ und Hans Peter Haselstein­er Millionenb­eträge geboten wurden. Krainer kommentier­te, dass die ÖVP seit Erscheinen des Ibiza-Videos versuche, dieses der SPÖ in die Schuhe zu schieben. „Genau das ist das Narrativ, an dem die ÖVP fest

sagte Neos-Fraktionsf­ührerin Stephanie Krisper. Ihr türkises Gegenüber Wolfgang Gerstl ortete „ÖVP-Bashing“.

Die ÖVP soll angeblich schon vor Ibiza die FPÖ-Spitze vor einer drohenden Falle gewarnt haben, erzählte Julian H. dem STANDARD. Der damalige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sagt, er sei „nie konkret“von dieser Videofalle informiert worden. Es habe aber im Wahljahr 2017, als das Ibiza-Video aufgenomme­n wurde, „ein eigenartig­es Klima und Gerüchte, die an Strache und mich herangetra­gen wurden“, gegeben, sagte Gudenus.

In die Videofalle auf Ibiza sei Gudenus getappt, weil er dem Anwalt M. vertraut habe. „Abgesehen davon hatte ich bei Treffen prinzipiel­l keine Bedenken, da wir nie etwas Illegales besprechen wollten“, beteuert Gudenus, der die Glaubwürdi­gkeit von Julian H. anzweifelt­e.

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Alexander Van der Bellen (links) und Sebastian Kurz (Mitte) sollen Gerüchte über Heinz-Christian Straches (rechts) Ibiza-Urlaub gehört haben.

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