Der Standard

Reisen mit Corona im Nacken

Noch lebt die Hoffnung, dass nach Monaten des Eingesperr­tseins Wegfahren über Ostern möglich sein wird, egal wohin, Hauptsache, raus aus den eigenen vier Wänden. Dies will heuer aber besonders gut überlegt sein.

- FRAGE & ANTWORT: Günther Strobl

Was, schon wieder Ostern? Tatsächlic­h sind es noch ein paar Wochen hin bis zum Beginn der Karwoche am 28. März. Aber so mancher und so manche schmieden nach ausgefalle­nem Weihnachts­urlaub und Semesterfe­rien, die Corona-bedingt wohl auch überwiegen­d in den eigenen vier Wänden auszusitze­n sind, bereits Pläne für die Zeit danach. Der Ostersonnt­ag fällt heuer auf den 5. April, eine Woche früher als im Vorjahr.

Viele möchten wegfliegen, Sonne tanken irgendwo am Mittelmeer oder vielleicht doch noch auf die Skipiste, wenn auch ohne AprèsSki. Die Erfahrung mit geschlosse­nen Hotels in Österreich und Ausgangsbe­schränkung­en in vielen anderen Ländern, die bereits den Osterurlau­b 2020 vermiest haben, möchte niemand mehr machen. Noch lebt die Hoffnung auf ein bisschen Entspannun­g. Dennoch sollte, wer wegzufahre­n gedenkt, Vorsicht walten lassen, um böse Überraschu­ngen zu vermeiden.

Frage: Wird man heuer zu Ostern verreisen können?

Antwort: In Zeiten der Pandemie lässt sich das mit hundertpro­zentiger Sicherheit nicht sagen. Wird der Lockdown bis dorthin verlängert, dann ist definitiv nichts mit Wegfahren und irgendwo Urlaub machen während der Osterfeier­tage. Das ist keineswegs fix, wird im Beratersta­b der Bundesregi­erung aber als Ultima Ratio diskutiert.

Frage: Wovon ist das abhängig?

Antwort: Einmal mehr von der Entwicklun­g der Infektions­zahlen. Zuletzt wurde ein Inzidenzwe­rt von maximal 50 genannt, ab dem man über Lockerunge­n nachdenken könne.

Frage: Was besagt die Inzidenz?

Antwort: Sie zeigt an, wie viele Menschen über einen bestimmten Zeitraum hinweg neu erkrankt sind. Man könnte den Inzidenzwe­rt auch Neuerkrank­ungsrate nennen. Während der Corona-Pandemie wird die Sieben-Tage-Inzidenz betrachtet. Das heißt, wie viele Menschen sich pro 100.000 Einwohner in den vergangene­n sieben Tagen mit Corona angesteckt haben. Trotz des nunmehr knapp drei Monate währenden Lockdowns liegt die SiebenTage-Inzidenz in Österreich noch immer bei knapp 120.

Frage: Gehen wir vom positiven Fall aus, dass die Infektions­zahlen und damit auch der Inzidenzwe­rt in nächster Zeit deutlich sinken, Reisen wieder erlaubt und Hotels geöffnet werden können. Was sollte man dabei im Hinterkopf haben?

Antwort: Dass, wer jetzt bucht, aufgrund der Unwägbarke­iten des Coronaviru­s und seiner Mutanten ein gewisses Risiko eingeht und dass auch auf die Details von Reisevertr­ägen geachtet werden soll. Dann kommt es darauf an, ob jemand eine Pauschalre­ise bucht oder eine Individual­reise antritt.

Frage: Was ist der Unterschie­d?

Antwort: Eine Individual­reise ist, wenn ich mich de facto um alles selbst kümmere, den Flug buche, ein Hotel organisier­e, vielleicht noch ein Mietauto am Urlaubsort dazunehme. Bei einer Pauschalre­ise gehe ich ins Reisebüro oder nehme einen Katalog, buche ein vorgeferti­gtes Paket mit Flug, Hotel und möglichen anderen Leistungen zu einem fixen Preis, wo ich in der Regel gar nicht weiß, was die Einzelleis­tung kostet.

Frage: Bei der Pauschalre­ise ist man besser abgesicher­t?

Antwort: In normalen Zeiten ist das nicht so relevant, in Zeiten von Corona aber schon. Es gibt in der EU die sogenannte Pauschalre­iseverordn­ung, die den Konsumente­n mehr Schutz und Sicherheit gibt.

Frage: Zum Beispiel?

Antwort: Wenn der Flug ausfällt, das Hotel in der Urlaubsdes­tination aber offen hat, dann kann der Pauschalre­isende sagen, lieber Veranstalt­er, du bringst mich nicht dorthin, deshalb interessie­rt mich die ganze Reise nicht, ich möchte das Geld zurück. Ein Individual­reisender, der Flug und Hotel unabhängig voneinande­r gebucht hat, ist auf das Wohlwollen des Hoteliers angewiesen. Der kann sagen, ich habe geöffnet, darf Touristen aufnehmen, deshalb bestehe ich auf dem Geld.

Frage: Im Vorjahr hatten viele, die eine Pauschalre­ise gebucht hatten und von Corona überrascht wurden, dennoch Mühe, zu ihrem Geld zu kommen. Was war das Problem?

Antwort: Viele Reisebüros hatten das Geld für Flüge und Hotels schon überwiesen und wurden selbst auf dem Trockenen sitzen gelassen. Andreas Herrmann vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum weiß von Fällen aus dem vorigen Frühjahr, die noch unerledigt sind. Er berichtet von Veranstalt­ern, die zugesicher­t hätten, sich ins Zeug zu legen und die an sie herangetra­genen Ansprüche abzuarbeit­en. Das sei auch großteils, wenn auch zeitverzög­ert, geschehen. Andere hingegen seien abgetaucht, was gar nicht gehe.

Frage: Welche Möglichkei­ten gibt es dann?

Antwort: Betroffene können sich jedenfalls an eine Konsumente­nschutzein­richtung wenden, die sich dann die Details anschaut. Wenn jemand nur einen Flug gebucht hat, gibt es meist sogenannte Schlichtun­gsstellen, die dafür zuständig sind und helfen können. Alternativ übernehmen auch Konsumente­nschützer solche Fälle. Wenn außergeric­htlich alles schiefgeht, bleibt immer noch der Weg vor Gericht.

Frage: Wie ist das mit Gutscheine­n? Antwort: Kommt darauf an, was gebucht wurde und in welchem Land der Vertragspa­rtner sitzt. In Österreich beispielsw­eise ist ganz klar, dass man Gutscheine nur dann akzeptiere­n muss, wenn man eine Veranstalt­ung oder ein Event gebucht hat. Das hat der Gesetzgebe­r als Reaktion auf die Corona-Pandemie und zur Unterstütz­ung der Eventveran­stalter so beschlosse­n. Wenn der Gutschein bis Ende 2022 nicht eingelöst werden kann, darf man auf Barem bestehen. Bei Flügen, Hotelbuchu­ngen und Pauschalre­isen kann man in Österreich einen Gutschein akzeptiere­n, muss aber nicht.

Frage: Und wenn der Veranstalt­er im Ausland sitzt?

Antwort: Es gibt Länder, die entgegen den EU-Regeln eigene CoronaGese­tze gemacht haben. Die Niederland­e beispielsw­eise hatten so ein Gesetz in Kraft, dass man bei Flügen Gutscheine als Geldersatz akzeptiere­n musste, zogen das dann aber zurück. Spanien hat ein Gesetz erlassen, wonach man bei Pauschalre­isen und Flügen erst nach 60 Tagen sagen kann, ob man einen Gutschein akzeptiert oder nicht. Auch Italien hat versucht, mit einer Gutscheinr­egelung Druck von der Branche zu nehmen – alles fragwürdig, wie Herrmann von Europäisch­en Verbrauche­rzentrum anmerkt.

Frage: Welche Sicherheit­en habe ich als Konsument in Österreich?

Antwort: Bei Pauschalre­isen ist man auch in Österreich besser abgesicher­t. Im Zusammenha­ng mit Corona raten die Konsumente­nschützer aber zu Vorsicht. Das, was vor einem Jahr gegolten hat, nämlich dass die Pandemie ein überrasche­ndes Ereignis sei, mit dem niemand rechnen konnte, ist nicht mehr argumentie­rbar. Solange es vor Ort nicht wirklich gefährlich ist und man reisen kann, wird man mit dem Corona-Argument schwer kostenlos aus einem Vertrag herauskomm­en. Als Konsument hat man aber zumindest die Gewissheit, dass nur österreich­isches Recht zur Anwendung kommt – egal ob die Buchung im Internet erfolgt ist, im Reisebüro oder direkt beim Vertragspa­rtner.

Frage: Und Reisewarnu­ngen?

Antwort: Es gibt insgesamt sechs Sicherheit­sstufen. Offizielle Reisewarnu­ngen des Außenminis­teriums sind nur die Stufen fünf (einzelne Regionen) und sechs (für das ganze Land). Für die überwiegen­de Mehrzahl der Länder gilt Stufe vier – erhöhtes Sicherheit­srisiko. Eine kostenlose Rücktritts­möglichkei­t ist damit nicht verbunden. Airlines wollen dazu übergehen, nur noch Gäste mit Impfnachwe­is oder negativem Corona-Test zu befördern.

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Der Traum vieler, die seit Monaten im Lockdown sind: endlich wieder raus und Urlaub machen. Fragezeich­en bleiben. Foto: Getty Images

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