Der Standard

Holocaust-Gedenken auf höchster Ebene

Am 27. Jänner wird weltweit der Opfer des Holocaust gedacht. Österreich­s Parlament und Regierung verlegten das heuer ins Netz. Der Ministerra­t beschloss das Paket gegen Antisemiti­smus.

- Colette M. Schmidt

Die Republik beging am Mittwoch den Internatio­nalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Doch pandemiebe­dingt mussten Veranstalt­ungen heuer weitgehend ins Netz verlegt werden. Auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen beteiligte sich an der

Bewusstsei­nskampagne #WeRemember der Unesco und des World Jewish Congress. Er forderte zudem ein, Antisemiti­smus und Rassismus überall entschiede­n entgegenzu­treten und Grund- und Freiheitsr­echte zu verteidige­n.

Am 27. Jänner 1945 wurde das Konzentrat­ions- und Vernichtun­gslager AuschwitzB­irkenau von der Roten Armee befreit. Die Uno erklärte den Tag 2005 zum Internatio­nalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.

Pandemiebe­dingt verlegte auch die Politik dieses Gedenken heuer ins Netz. Im Parlament hielten Abgeordnet­e aller Fraktionen bereits vor einer Woche Schilder mit dem Hashtag #WeRemember hoch und beteiligte­n sich so an der Bewusstsei­nskampagne von Unesco und dem World Jewish Congress.

„Grundrecht­e verteidige­n“

Auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen beteiligte sich an der Initiative. Er betonte, man müsse Antisemiti­smus und Rassismus entschiede­n entgegentr­eten. „Niemals wieder“hieße aber auch, „dass wir uns jeglichem Versuch der Zerstörung des Rechtsstaa­tes und der liberalen Demokratie entgegenst­ellen und die Grund- und Freiheitsr­echte entschiede­n verteidige­n“.

Im Ministerra­t wurde am Mittwoch zudem die Nationale Strategie gegen Antisemiti­smus, ein umfassende­s Maßnahmenp­aket, das Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor einer Woche präsentier­t hatte, beschlosse­n. Großes Lob gab es für das „historisch­e Paket“vom Leiter der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, der Teil einer Diskussion­srunde im Parlament war, die live auf ORF 2 übertragen wurde. Mit der Moderatori­n Rebekka Salzer sprachen neben Rosen, der 2020 selbst Opfer von Judenhass wurde, auch Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Historiker­in Barbara Stelzl-Marx und Jennifer Teege, Enkelin des KZ-Kommandant­en Amon Göth, der vielen aus dem Film Schindlers Liste als Schlächter von Płaszów bekannt ist. Die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianer­s wurde adoptiert und erfuhr erst mit 38 Jahren durch ein Buch, wer ihr Großvater war. Sie schrieb darüber das Buch: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen.

In der Runde ging es auch sonst um persönlich­e Zugänge zum Holocaust. Sobotka erzählte, er habe vor der Veranstalt­ung noch dutzende Briefe seines Großvaters, eines überzeugte­n SA-Mannes, gelesen, dessen Geschichte ein Grund war, warum der Enkel Geschichte studierte und sich mit Widerstand­skämpfern beschäftig­te.

Elie Rosen erinnerte sich an Anfeindung­en im Gymnasium in Wien in der Zeit der Waldheim-Affäre, die zum Schulwechs­el führten. „Ich höre immer vom Aufkeimen des Antisemiti­smus“, sagte Rosen, „der Antisemiti­smus war nie weg.“

Stelzl-Marx warnte vor der „Inflation von Vergleiche­n der CoronaLeug­ner mit Opfern des Holocaust“. Diese kritisiert­e am Gedenktag auch Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP): „Durch die Verharmlos­ung von Symbolen und Taten des nationalso­zialistisc­hen Terrorregi­mes versuchen Rechtsextr­eme, die Akzeptanz für einen Schlussstr­ich mit der Auseinande­rsetzung der Gräueltate­n des NS-Regimes in die Mitte der Gesellscha­ft zu rücken“, so Nehammer, der dagegen entschiede­n auftreten wolle.

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) twitterte, dass Österreich „historisch Verantwort­ung“trage, „dass Juden in Österreich und ganz Europa in Sicherheit leben können.“

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 ??  ?? Jennifer Teege und Elie Rosen bei der Diskussion am Mittwoch. Die Gesprächsr­unde wurde auf der Parlaments­seite und im ORF übertragen.
Jennifer Teege und Elie Rosen bei der Diskussion am Mittwoch. Die Gesprächsr­unde wurde auf der Parlaments­seite und im ORF übertragen.

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