Der Standard

Rechtsextr­emes „Zoom-Bombing“im Künstler-Talk

Kunsthisto­risches Museum musste Vortrag abbrechen

- Colette M. Schmidt

Ein Zoom-Livetalk mit dem niederländ­ischen Künstler Guido van der Werve hätte der Abschluss der Ausstellun­g Beethoven bewegt im Kunsthisto­rischen Museum (KHM) werden sollen. Die Ausstellun­g ging am 24. Jänner pandemiebe­dingt hinter verschloss­enen Türen zu Ende. Die Tradition der donnerstäg­lichen Artist-Talks versuchte das KHM am 21. Jänner erstmals ins Netz zu verlegen.

Schon im Chat zum Zoom-Talk schaltete sich ein unbekannte­r Teilnehmer mit dem wenig subtilen Nickname Adolf Hitler ein und grüßte mit „Heil Fuhrer!“(sic!) in die virtuelle Runde. Später hackte die Person offenbar auch die Seite und störte den Vortrag. Die gezeigten Bilder und Filme wurden teilweise mit Hakenkreuz­en beschmiert. Ein Bild, das den Künstler van der Werve mit seinem Schachlehr­er in New York an einem Tisch sitzend zeigte, wurde obszön verunstalt­et.

Antisemiti­smus

Dass genau dieses Bild massiv beschmiert wurde, dürfte antisemiti­sche Beweggründ­e haben. Denn der Lehrer, der mit van der Werve ins Spiel vertieft ist, trägt eine Kippa.

Im KHM wurde man von der Attacke völlig überrascht und zeigt sich entsetzt. „Unsere Rechtsabte­ilung hat den Vorfall angezeigt und bei der Meldestell­e für NS-Wiederbetä­tigung im Innenminis­terium zur Kenntnis gebracht“, heißt es auf Nachfrage des STANDARD aus dem Museum. Zudem habe man den Talk von Facebook gelöscht und die Sicherheit­svorkehrun­gen für kommende Veranstalt­ungen verbessert. Der Abend im Beethoven-Rahmenprog­ramm war nämlich der Auftakt für eine ganze Reihe von ZoomTalks. „Wir bemerken eine sehr angespannt­e Stimmung in der Gesellscha­ft auch auf Social-Media-Seiten“, so die Museumsspr­echerin, „früher waren wir nie Ziel solcher Attacken.“

Auf der Plattform Zoom, die durch Corona weltweit einen Aufwind erlebte, kommt es immer wieder zu sogenannte­m Zoom-Bombing. Dabei teilen Hacker in Meetings pornografi­sche oder rechtsradi­kale Inhalte. Um dem vorzubeuge­n, raten Experten dazu, ZoomLinks nicht öffentlich zu posten. Im KHM wird man Artist-Talks künftig nur noch nach erfolgter Anmeldung im Netz beiwohnen können. Und irgendwann hoffentlic­h wieder persönlich im Museum.

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