Der Standard

Impfstoffs­tudien deuten Probleme mit Mutanten an

Zwei neue Vakzine in Südafrika weniger wirksam

- Manuel Escher

Es wären – eigentlich – gute Nachrichte­n gewesen, die in der Nacht auf Freitag aus Gaithersbu­rg in Maryland kamen. Doch leider hatte die Aussendung der USPharmafi­rma Novavax einen Schönheits­fehler – einen, der womöglich kommende Probleme für die weltweite Impfstrate­gie gegen das Coronaviru­s erkennen lässt. Das Unternehme­n meldete für seinen Impfstoffk­andidaten eine Wirksamkei­t von rund 90 Prozent in einer großen Studie in Großbritan­nien.

Allerdings ein sehr guter Wert, der durch das Ergebnis einer zweiten Studie in Südafrika getrübt wird: Nur rund 50 Prozent betrug die Wirksamkei­t dort – rechnet man eine Gruppe HIV-infizierte­r Menschen heraus, die einbezogen waren, sind es 60 Prozent.

Sehr ähnliche Probleme zeigte kurz darauf auch das Ergebnis einer Studie der Firma Johnson & Johnson (J&J) / Janssen, bei der auch die EU 200 Millionen Dosen bestellt hat. Das Serum der Firma zeigt demnach weltweit eine Wirksamkei­t von 66 Prozent. Allerdings: In Europa beträgt sie 72 Prozent, in Lateinamer­ika 66 – und in Südafrika nur 57. Schwere Erkrankung­en werden zu 85 Prozent verhindert, Spitalsauf­enthalte und Todesfälle gab es unter Geimpften nicht. Grund für die regionalen Unterschie­de könnte B.1.351 sein – jene Variante aus Südafrika, die auch in Tirol in zwei Dutzend Fällen nachgewies­en ist.

Immunitäts­probleme

Es sind die ersten Ergebnisse von Phase-drei-Studien am Menschen mit einem Impfstoff gegen diese neue Variante. Die Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna haben jüngst mitgeteilt, dass ihre Vakzine wohl auch gegen die Variante aus Südafrika schütze – aber offengelas­sen, ob es zu einer Reduktion der Wirksamkei­t kommen könne. Weil die Wirkung der Vakzine von Novavax für die bisherige Variante ähnlich hoch ist wie bei den beiden Hersteller­n, steht die Möglichkei­t im Raum, dass auch deren Mitteln gegen B.1.351 eine Reduktion droht.

Zudem deutet die Novavax-Studie auch mögliche Probleme mit der natürliche­n Immunität nach einer durchgemac­hten Covid-19-Erkrankung an. An dem Versuch in Südafrika haben auch Patienten teilgenomm­en, die bereits einmal erkrankt waren. Sie steckten sich mit der gleichen Häufigkeit mit der neuen Variante an wie jene, die noch nie Sars-CoV-2 ausgesetzt waren.

Insgesamt ist die Lage noch unsicher. Ergebnisse aus Studien zu den beiden mRNA-Impfstoffe­n und der Variante B.1.351 in Südafrika gibt es bisher nicht. Mehr Klarheit könnte die kommende Woche bringen: Astra Zeneca (AZ), das seinen Impfstoff in Südafrika testet, könnte dann Resultate veröffentl­ichen.

Grundsätzl­ich, betonen alle genannten Hersteller, ließe sich der Impfstoff schnell anpassen. Und es ließen sich auch Dosen zur Nachimpfun­g anfertigen. Das gilt für die mRNA-Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer ebenso wie für die Vektorvakz­ine von AZ und J&J und das auf rekombinan­ten Protein-Nanopartik­eln basierende von Novavax. Unklar ist aber, welche und wie viele Daten für eine Zulassung nötig sind und wie lange sie daher dauert. In den USA wird bereits überlegt, ob und wie sich diese verkürzen ließe – in der EU fordern Experten ebenfalls, sich damit zu beschäftig­en.

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