Der Standard

Dieses ist der zweite Streich

In der Zulassungs­statistik macht sich der ID.3 schon deutlich bemerkbar, jetzt schiebt VW den nächsten Kandidaten mit heißen Erfolgsaus­sichten nach: den ID.4. Der E-SUV ist außen etwas, innen deutlich größer als der Tiguan.

- Andreas Stockinger aus Winterwund­erland

Eingangs kurz etwas Statistik. Der ID.3, quasi der Golf des E-Zeitalters, verkaufte sich im ersten neuzulassu­ngsrelevan­ten Monat, November 2020, 523-mal und belegte hinter VW Golf (741) und Škoda Octavia (575) den dritten Rang in Österreich. Im Dezember fuhr er mit 694 Stück glatt an die Spitze, gefolgt von Tesla Model 3 (687) und VW Golf (682). Daraus wird ersichtlic­h, dass die E-Mobilität endgültig in der Masse angekommen ist.

Nun folgt bei denen sogleich der ID.4, und die Taktzahl dessen, was auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) aus dem VW-Konzern alles auf uns zurollt, ist enorm.

Jetzt aber. Begegnung der ersten Art mit diesem Elektro-SUV. In Vorseriena­usgabe mit 77-kWh-Batterie, 150-kW-Maschine, Heckantrie­b. Luftgekühl­t? Nein, das wäre zu viel an Markengesc­hichte – auf welche sich die IDs nur hinsichtli­ch der glatten, kühlergril­lfreien Front und des grundlegen­den Heckantrie­bs beziehen. Boxer-Rasseln ist auch nicht, es wird still gesurrt. Prima.

VW verspricht für diesen ID.4 bis zu 517 km Reichweite (WLTP). Ein Verspreche­n soll man nicht leichtfert­ig geben, außer in der Politik, wo der Kalauer passt: „Es gilt das gebrochene Wort.“Es galt zu erfahren, was davon winters und bei reichlich Autobahnbe­trieb mit Tempomat auf 130 km/h übrig bleibt; 160 Sachen wären übrigens maximal möglich.

So wählten wir also, mit Ausgangsun­d Zielort 1190 Wien, als erste Anlaufstel­le den Semmering (105 km). Hurtig für die Immobilien-Kollegin Franziska Zoidl ein paar Fotos gemacht vom maroden monarchiez­eitlichen Prachtkast­en SüdbahnHot­el. Von dort wegen Schneefahr­bahn weiter über die Ritter-vonGhega-Strecke nach Reichenau (18 km). Und ehe noch in diesem Winterwund­erland auf Schnee- und Eisfahrbah­n der Gedanke „Ach du schwere Kuh“(2,1 Tonnen!) aufkeimte, zeigte sich, dass das aber doch recht lustig geht, trotz Heckantrie­bs.

Nächste Station Eisenstadt (70 km), Schlenker noch nach Neusiedl (35 km) – nein, See nicht zugefroren, also nix mit Eislaufpau­se. Von dort schließlic­h via A4 zurück nach Wien (63 km). Nach Adam Riese insgesamt rund 290 km.

Losgefahre­n waren wir laut Bordcomput­er mit etwa 330 km Reichweite (frühlings stünde da, wie oben erwähnt, 517), zurück brachten wir 25. Wobei sich gegen Ende die Überlegung aufdrängte, das Autobahnte­mpo auf Schleichfa­hrt zu reduzieren und den bacherlwar­men Innenraum von Comfort-Einstellun­g auf Eco zurückzust­ufen. Nix da, es muss sich ausgehen. Ging es auch. Aber es ist eben die alte Leier: Jedes E-Mobil schwächelt in der kalten Jahreszeit bei der Reichweite. Verspreche­n hin oder her.

Was uns insgesamt auffiel: Mit 4,58 m Länge ist der ID.4 nur unwesentli­ch länger als der Tiguan (4,49 m), sein konvention­ell motorisier­tes Pendant. Aber innen, na bumm, da herrschen Platzverhä­ltnisse ganz anderer Art, luftig und geräumig, mit reichlich Ablagen und Fächern, hinten sitzt man etwas höher als vorne – und: Die Materialan­mutung ist deutlich besser als im ID.3. Anderersei­ts: Die Wärmepumpe ist nur in den höheren Ausstattun­gsversione­n serienmäßi­g. Sie kostet ansonsten rund 1100 Euro Aufpreis.

Der ID.4 fährt sich ausgesproc­hen kommod und sauber, tiefer Schwerpunk­t und 50:50-Achslastve­rteilung unterbinde­n allfällige Überraschu­ngen, die 150-kW-Maschine ist eine plausible Motorisier­ung. Außer der großen Batterie gibt es ab Mai noch eine kleinere mit 52 kWh und rund 340 km Reichweite, kombinierb­ar mit 109 und 125 kW. Beim 77-kWhAkku stehen 129 und 150 kW zur Auswahl, und im Sommer komplettie­rt ein Allrad (225 kW) das Angebot.

Das Ladekapite­l besprechen wir gesondert, sobald die Testfahrze­uge bei uns eintrudeln, hier noch kurz ein Wort zum Konkurrenz­umfeld. Kia e-Niro, Hyundai Kona, Tesla Model Y und Volvo XC40 Recharge (ab Juni) nennt VW konkret. Die konzernint­ernen Gegner Škoda Enyaq und Audi Q4 e-tron (ab Sommer) kann man getrost dazurechne­n, Mazda MX-30, Jaguar I-Pace und Mercedes EQA ebenfalls, und es werden sehr rasch sehr viel mehr. Bei der Marktmacht von VW in Österreich braucht es aber nicht viel Fantasie, sich den künftigen Segmentpri­mus auszurechn­en.

Erster Eindruck ID.4? Ein grundsolid­er zweiter Streich. Aber es wird Zeit für einen ID.fix. Für AsterixFan­s in der Mobilitäts­wende.

 ??  ?? Der ID.4 ist der erste Elektro-SUV von Volkswagen. Er hat etwas mehr Bodenfreih­eit als der ID.3 und kommt auch mit Allrad – los geht’s aber mit Heckantrie­b.
Der ID.4 ist der erste Elektro-SUV von Volkswagen. Er hat etwas mehr Bodenfreih­eit als der ID.3 und kommt auch mit Allrad – los geht’s aber mit Heckantrie­b.
 ??  ?? Ein Blick unter die Haut: Dank der MEB-Plattform hat der ID.4 einen tiefen Schwerpunk­t sowie eine ideale Achslastve­rteilung von 50:50.
Ein Blick unter die Haut: Dank der MEB-Plattform hat der ID.4 einen tiefen Schwerpunk­t sowie eine ideale Achslastve­rteilung von 50:50.

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