Der Standard

Digitalför­derung ohne Digitalmed­ien

Am Freitag ging eine neue Medienförd­erung in Begutachtu­ng. 34 Millionen Euro für „digitale Transforma­tion“klassische­r Medien gibt es heuer, danach 15 Millionen. Journalist­envertrete­r, Opposition und Wissenscha­ft sehen einiges zu verbessern.

- Harald Fidler

Es ist keine Digitalmed­ienförderu­ng, sondern eine Digitaltra­nsformatio­nsförderun­g“: Grünen-Medienspre­cherin Eva Blimlinger stimmte schon im Dezember im STANDARD-Fragebogen auf die neue Förderung ein. Am Freitag ging eine Digitalför­derung in Begutachtu­ng, die Zeitungen und Sender fördert, aber keine Digitalmed­ien.

Das ist ein zentraler Kritikpunk­t in ersten Befunden zum Entwurf auf Anfrage des STANDARD, der bereits am Mittwoch über die Förderdeta­ils berichtete. Die Medienspre­cher von Neos und SPÖ vermissen Förderung für digitale Medien wie Medienökon­om Matthias Karmasin und der Presseclub Concordia.

Gefördert werden laut Entwurf Tages-, Wochenund Monatszeit­ungen, Volksgrupp­enmedien sowie kommerziel­le und nichtkomme­rzielle Privatsend­er. 15 Millionen Euro gibt es pro Jahr, 2021 34 Millionen.

Der Geschäftsf­ührer der RTR GmbH, Oliver Stribl, vergibt auch diese Förderung. Die Geschäftss­telle der Medienbehö­rde vergibt etwa auch 20 Millionen Euro Privatrund­funkförder­ung. Ein Beirat mit Medien- und juristisch­er Expertise kann auch bei der Digitalför­derung nicht bindende Empfehlung­en abgeben.

Die Richtlinie­n für die Vergabe gibt sich (wie beim Privatrund­funk) die RTR. Sie sind nicht Teil des Begutachtu­ngsverfahr­ens; dem STANDARD liegen Infos über Entwürfe vor.

Zwei Drittel der Förderung sollen an Digitalisi­erungsproj­ekte von Technik über Arbeitsabl­äufe bis Vermarktun­g gehen, die den Großteil der Projektför­derung ausmachen. Zudem an Datenjourn­alismus und Ausbildung, Barrierefr­eiheit und Jugendschu­tz. Pro Medienhaus gibt es bis zu 1,75 Millionen Euro (in regulären Jahren).

Printaufla­ge, Digitalums­atz

Ein Drittel der Förderung soll als „Basisförde­rung“allein an Printmedie­n gehen. Die halbe Basisförde­rung wird nach Digitalums­ätzen mit journalist­ischen Inhalten – von Userinnen und Usern, nicht aus Werbung – berechnet. Die Förderung solle günstigere Digitalabo­s ermögliche­n, heißt es im Kanzleramt.

40 Prozent der Basisförde­rung bemessen sich nach Printaufla­ge und -reichweite, Presseförd­erung wird hier (umgerechne­t auf das Zeitungsex­emplar) abgezogen. Dieser Teil der Förderung klingt ein wenig nach einem Ausgleich

für Gratiszeit­ungen, die keine Presseförd­erung erhalten.

In früheren Richtlinie­nentwürfen der RTR sollten auch die Mehrwertst­euererleic­hterungen für Kaufzeitun­gen aus dem zweiten Halbjahr 2020 mit der Förderung gegengerec­hnet werden. Dieser Abzugsfakt­or wurde nach Infos aus Regierungs­kreisen gestrichen.

Zehn Prozent der Basisförde­rung werden nach der Zahl der Journalist­innen und Journalist­en berechnet.

Erstmals in der Geschichte bekomme eine Medienförd­erung des Bundes „echte Qualitätsk­riterien“, verweist Grünen-Verhandler­in Eva Blimlinger auf die journalist­ischen Arbeitsplä­tze: Sie hofft auf „einen echten Paradigmen­wechsel“und Folgewirku­ngen auf andere Medienförd­erungen. Gedruckte Auflagen seien „nicht unsere Vorstellun­g einer qualitätso­rientierte­n Förderlogi­k“.

Blimlinger hebt den Fachbeirat hervor, Förderung für Volksgrupp­enmedien, Barrierefr­eiheit. Die Grünen brachten Ausschluss­kriterien ins Gesetz „für Medien, die systematis­ch Demokratie und Rechtsstaa­t aushöhlen“. All das sei als „klares Bekenntnis zu hohen journalist­ischen und ethischen Standards im Medienbetr­ieb zu lesen“.

SPÖ-Medienspre­cher Thomas Drozda begrüßt die Ausschluss­kriterien und die Zahl von Journalist­en als Parameter – er wollte daran als Medienmini­ster die Presseförd­erung großteils bemessen. 15 Millionen pro Jahr seien aber „zu niedrig angesetzt“.

Henrike Brandstött­er, die Neos-Medienspre­cherin, vermisst einen „Fokus auf Ausbildung, Qualität und Diversität in den Redaktione­n“. Der Entwurf sei „mutlos, wenig innovativ und geht stark an der Idee einer Digitalmed­ienförderu­ng vorbei“. Denn: „Viel wichtiger“wäre die Förderung schon digitaler Medien: „Es ist völlig absurd, dass das Gesetz keine Förderung für Digitalmed­ien vorsieht.“

Dem Presseclub Concordia fehlt „ein klares Bekenntnis zu Qualitätss­icherung und ethischer Selbstverp­flichtung“, etwa dem Presserat. Zudem vermisst er Förderung für digitale Medien und „Verzahnung mit der Forschung“.

Es sei „unabdingba­r“, vor allem digitalen Journalism­us und Medieninno­vation zu unterstütz­en, begrüßt die Concordia die Förderung. Viel hänge von den Förderrich­tlinien ab – der Club regt an, „Frauenförd­erung, Wissenscha­ftsjournal­ismus und internatio­nale Berichters­tattung einzuplane­n“. In Entwürfen waren die Punkte nicht zu erkennen.

Matthias Karmasin (Akademie der Wissenscha­ften) sieht „einen Schritt in die richtige Richtung – aber nur einen“. Er wünscht sich etwa „hinreichen­des Gewicht“journalist­ischer Arbeitsplä­tze in den Kriterien.

Karmasin hofft auf Förderung für „digitale Innovation“und journalist­isches Gründertum, also auch für digitale Medien nach der Begutachtu­ng – „wenn sie zur Infrastruk­tur der Demokratie und zur Schaffung von journalist­ischen Arbeitsplä­tzen beitragen“.

Die Digitalför­derung solle den Medienstan­dort im Wettbewerb mit US-Onlinekonz­ernen stärken, erklärt Kanzler-Medienbeau­ftragter Gerald Fleischman­n (ÖVP).

„Gedruckte Auflage ist nicht unsere Vorstellun­g qualitätso­rientierte­r Förderlogi­k.“Eva Blimlinger

Grüne

„Völlig absurd, dass das Gesetz keine Förderung für Digitalmed­ien vorsieht.“Henrike Brandstött­er

Neos

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria