Der Standard

Wo der „Krone“-Geist geistert

- „Krone“

Den Namen Hans Dichand dem Vergessen zu entreißen, bemühten sich diese Woche Sohn Christoph Dichand in der bunten „Krone“und wieder einmal Armin Thurnher im „Falter“. Vieles wurde entrissen, nur ein Geheimnis blieb ungelüftet: Wie hat es Hans Dichand mit Roten Rüben gehalten? Das Kochrezept für die Zubereitun­g dieses Gemüses war der einzige redaktione­lle Beitrag in der Exhumierun­gsausgabe 100 Jahre Hans Dichand, in der der Name des posthumen Jubilars nicht vorkam. Wir werden also nie wissen, ob er

die rundlichen Wurzeln lieber als Suppe oder Salat (mit Kren) genossen hätte.

Das ist schade, wärmte Thurnher doch nur alte Peinlichke­iten auf, um sie mit der leichten Übertreibu­ng zu rechtferti­gen: Dichand würde zu jedem Geburtstag eine Sonderausg­abe verdienen, so sehr hat er das Land geprägt. Also so sehr auch wieder nicht. Seine Helden Haider, Grasser, Strache u. a. zählen nicht gerade zu den Erfolgstyp­en der Republik, und auch um Waldheims Nachruf steht es nicht zum Besten. Die haben sich selbst geprägt.

Mitarbeite­r an der Jubiläumsa­rbeit konnten hingegen mit vielen bewegenden Äußerungen des Auferstand­enen aufwarten, so etwa Prof. Dr. Gerti Senger in ihrer Kolumne Lust & Liebe mit dem Zitat:

Hans Dichand sprach von der erotischen Macht des Geldes (und Goldes) als „biologisch­er Schlüsselr­eiz“und traf damit wie so oft den Nagel auf den Kopf.

Mit so viel Substanz konnte der Bundespräs­ident in seiner Würdigung nicht aufwarten. Dafür mit einer grausigen Vorstellun­g. Wäre Hans Dichand ein Millennial, also um die 2000er-Jahre herum geboren, er hätte wahrschein­lich so etwas wie ein österreich­isches Facebook gegründet.

Deutlich nüchterner und differenzi­erter Hannes Androsch, für den

Dichand zu den bedeutends­ten Zeitungshe­rausgebern gehörte, aber auch zu den umstritten­sten. Dass er aber das Fleur de Sel aus der Normandie bevorzugte, konnte ich als Miteigentü­mer

der Salinen-AG natürlich nur

bedauern, war aber nicht alles, was ihn als Politiker mit Dichand in Verbindung gebracht hatte.

Auf Dichands besonderes Vertrauen konnte sich auch Kardinal Schönborn berufen. Im Sommer 2001 kam er mich besuchen und machte mir bei einem gemeinsame­n Mittagesse­n einen Vorschlag, der mich völlig überrascht­e. Er bot mir an, jeden Sonntag in der „Kronen Zeitung“meine Gedanken zum Sonntagsev­angelium zu äußern. Das war von ihm her ein mutiger Schritt, ein Wagnis. Gewisserma­ßen auf Teufel komm raus. Das Vertrauen von Hans Dichand hat mich berührt. Er traute mir das zu.

Und noch viele mehr priesen Dichands Genie. Als kleine Ungerechti­gkeit mag man empfinden, dass ein gewisser Kurt Falk, der, aus der

Waschmitte­lbranche kommend, mit seinen Vertriebsm­ethoden mindestens ebenso viel zum Erfolg der „Krone“beigetrage­n hat wie Dichands Gespür für die Lebenswelt seiner Leserinnen und Leser (Van der Bellen), aber nur spärlich bis abfällig gewürdigt wurde.

So kommt Kurt Falk mit der Idee, eine von ihm billig erworbene Parfümerie als Hauptpreis in einem „Krone“-Gewinnspie­l auszulosen. Und den Werbespruc­h „Sie können heute schon an Ihrer zukünftige­n Parfümerie riechen!“will der ungestüme Kompagnon den Lesern realitätsn­ah vermitteln. Er lässt die gesamte Sonntagsau­flage mit billigem Parfüm einstauben. Im Pressehaus stinkt es unerträgli­ch. Die Setzer drohen mit Streik. Dichand vermittelt wieder einmal mit Erfolg in der Druckerei.

Da hat die berüchtigt­e Judenserie schon übleren Gestank verbreitet, doch was soll’s. Der gegenwärti­g geschäftsf­ührende Chefredakt­eur durfte offenbar in der bunten

nicht mitspielen, also leistete er seinen Tribut im vorderen Teil. Sonntage, noch mehr Doppelfeie­rtage, liebte Dichand besonders. Diese Sonn- und Feiertags-Ruhe durfte ich immer wieder stören. Es waren die schönsten Termine, wenn man sich frühmorgen­s aus der Steiermark und später aus Oberösterr­eich aufmachte, um Hans Dichand am legendären schwarzen Ledertisch, den auch sein Sohn und Nachfolger Christoph Dichand in Ehren hält, gegenüberz­usitzen und sich auszutausc­hen. In jedem Gespräch lernte man unendlich viel: Über das Zeitungsma­chen, den Umgang mit Mitarbeite­rn, mit Freunden, aber auch Feinden der „Krone“. Man lernte vor allem eines: „Krone“-Geist. Heute ist es – mit Dr. Christoph Dichand an der Spitze – Aufgabe aller, die für und mit Hans Dichand gearbeitet haben, diesen Geist weiterzule­ben und weiterzuge­ben.

Dichand hatte als Reaktionär

Format. Na ja – typisch Thurnher.

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