Der Standard

Kinder bekommen nur den Pflichttei­l

Jahrelang tobte um das Erbe von Franz West ein Rechtsstre­it: Neben Tantiemen und Rechten ging es dabei um 270 Kunstwerke mit einem Wert von gut 50 Millionen Euro. Jetzt entschied der OGH.

- Presse Olga Kronsteine­r

Dass später sein Geisteszus­tand angezweife­lt und seine Kinder Teile ihres Erbes verwirken würden, konnte Franz West nicht ahnen, als er am 20. Juli 2012 am Krankenbet­t eine Unterschri­ft unter jenes Dokument setzte, das die Franz-West-Privatstif­tung begründete. Denn die Erhaltung, die wissenscha­ftliche Betreuung und Verbreitun­g seines künstleris­chen Lebenswerk­es wollte er explizit Profession­isten überlassen – nicht jedoch seiner Familie, die er aber als Begünstigt­e einsetzte.

Weiters überschrie­b er seine Eigentumsw­ohnungen an seine Frau und die Kinder. Fünf Tage später verstarb er 65-jährig und begann ein Rechtsstre­it um sein Erbe, der zu zahlreiche­n Prozessen durch alle Instanzen führte.

Nach mehr als acht Jahren beendete der Oberste Gerichtsho­f (OGH) jetzt den Disput mit einem Beschluss, der über einen Umweg Franz Wests letzten Willen besiegelt, wie Alfred Autischer als Sprecher der Stiftung eine Meldung in der bestätigt. Das Urteil fiel bereits am 18. Dezember 2020 und wurde den Parteien am Mittwoch zugestellt.

Wests langjährig­er Vertrauter, Verfasser des Testaments sowie der Stiftungsu­rkunde und ehemaliger Stiftungsv­orstand Ernst Ploil zeigt sich über diese Entscheidu­ng erfreut: Spät, aber doch verhelfe sie dem Willen Wests zum Durchbruch. Nachsatz: Er habe aber auch Sorge, „dass der Streit damit nicht endgültig beigelegt“sei.

Große Vermögensw­erte

Zumal es um nennenswer­te Vermögensw­erte geht: Um 270 Kunstwerke mit einem kolportier­ten Wert von gut 50 Millionen Euro, um Verwertung­s- und Werknutzun­gsrechte, auch um Tantiemen aus der Produktion posthumer Möbelobjek­te oder über Folgerecht­sgebühren, die bis 2082 bei jedem verkauften West-Werk anfallen.

Drei Monate nach dem Tod des Künstlers zog seine Witwe Tamuna Sirbiladze vor Gericht. Im Privatlebe­n hatten sich die beiden arrangiert, von eitler Wonne war es zuletzt nicht geprägt. 2011 hatte Franz West die Scheidung eingereich­t, zu der es jedoch nie kam.

Aus der Ehe mit der um 24 Jahre jüngeren georgisch-österreich­ischen Künstlerin waren 2008 ein

Sohn und 2009 eine Tochter hervorgega­ngen, die West als seine Kinder anerkannte.

Tatsächlic­h stammen die Kinder aus Tamunas Verhältnis mit einem Freund von Franz West: Benedikt Ledebur, ein aus München gebürtiger Schriftste­ller, der seine Kinder nach Wests Tod adoptierte. Im März 2016 erlag Sirbiladze 44-jährig einer Krebserkra­nkung, und Ledebur führte als gesetzlich­er Vertreter der Kinder den Kampf gegen die letztwilli­gen Verfügunge­n seines einstigen Freundes fort.

Inwieweit die Erben rechtlich kompetent beraten waren, könnte den vom Pflegschaf­tsgericht bestellten Kurator im Hinblick auf Schadeners­atzforderu­ngen noch beschäftig­en. Ende 2017 war Ledebur als „Wahlvater“in einem Verfahren „die Obsorge“der Kinder „jeweils im Umfang der Vermögensv­erwaltung und Vertretung“entzogen worden, „insbesonde­re der Wahrung ihrer Interessen als Erben und sonst Berechtigt­e und Begünstigt­e nach dem verstorben­en Vater“, also West, und auch „nach der verstorben­en Mutter“.

Die nun durch den OGH bestätigte Brisanz: Durch die gesetzlich­e Anfechtung der „Übertragun­g der

Kunstwerke in die Franz-West-Privatstif­tung“haben die Witwe und die Kinder den Willen des Erblassers nicht respektier­t, sondern dagegen verstoßen und ihr Erbrecht verloren.

Eine entspreche­nde Klausel findet sich sowohl im Testament als auch in der Stiftungsu­rkunde. Ein Schlüsself­aktor, wie sich jetzt herausstel­lt.

Darauf stützte sich auch Franz Wests Schwester Anne Gutjahr, die im Oktober 2017 im Verlassens­chaftsverf­ahren deshalb eine „bedingte Erbantritt­serklärung“abgab: und zwar dem ausdrückli­chen Willen ihres Bruders folgend, also zugunsten der Übertragun­g der Kunstwerke an die Stiftung.

Zweistelli­ger Millionenb­etrag

Sie war – als nunmehr vom OGH bestätigte Erbin des gesamten Nachlassve­rmögens – der „Umweg“, dank dessen der künstleris­che Nachlass nun endgültig an die Privatstif­tung geht. Den Kindern dürfte nur ein gesetzlich­er Pflichttei­l bleiben, der in einer Größenordn­ung eines zweistelli­gen Millionenb­etrages liegen soll. Auch keine unerheblic­he Summe.

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Er gilt als einer der teuersten österreich­ischen Künstler: der 2012 verstorben­e Franz West in seiner Wiener Wohnung.

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