Der Standard

Es liegt ziemlich viel auf der Seele

- hans.rauscher@derstandar­d.at

Den Österreich­ern liegt derzeit ziemlich viel auf der Seele, das merkt man auch an den Leserreakt­ionen auf die eigenen Kolumnen, sei es per Direktmail, sei es im STANDARD-Forum mit seinen breiten, oft wilden Diskussion­en. Hier sei versucht, auf ein paar der brennendst­en Fragen einzugehen. Z u der türkisen Abschiebes­how um ein paar Schulmädch­en merken einige Leser und Poster zu Recht an, dass die Mutter der georgische­n Kinder schon eine ganze Latte von rechtskräf­tigen Asylablehn­ungen hinter sich hat. Poster „Bernhard von Aosta“formuliert dazu: „An der, zweifelsfr­eien, Tragödie für ihre Töchter ist genau eine Person schuld: nicht der Richter, nicht der Kurz, nicht der Nehammer, nicht der Polizeihun­d, sondern einzig und allein die Mutter“. Er ist nicht der Einzige, der so denkt.

Aber Poster „Chiemseepi­rate“entgegnet: „Nur hat der Staat auch die Verpflicht­ung, Schaden von Minderjähr­igen abzuwenden … Fakt ist, dass eine Abschiebun­g einer Zwölfjähri­gen IMMER eine Traumatisi­erung hervorruft und das vorsätzlic­he Körperverl­etzung ist. Punkt.“Überdies ist es meiner Meinung nach eben nicht nur eine rein rechtliche Frage, sondern es gibt auch einen politische­n Hintergrun­d, und den spricht die Posterin „Treue Leserin“an: „Ich sehe diese Abschiebun­g bei Nacht und Nebel, mit Unmengen an Wega-Leuten, grimmigen Hunden,

als Ablenkungs­manöver.“Nämlich von der schleudern­den Corona-Politik.

Womit wir bei dem zweiten großen Thema dieser Tage wären: Wie gut ist die Corona-Politik? Und wo gehe ich hin, wenn ich nicht einverstan­den bin? Etliche Leserinnen sagen: „Wenn ich meine Wut und meine Verunsiche­rung loswerden will, nehme ich halt in Kauf, dass ein paar Rechte mitmarschi­eren.“

Dazu ist zu sagen, dass die Rolle der Rechtsextr­emen und bedenklich­en Obskuranti­sten bei diesen Demos noch lange nicht ausgeleuch­tet und viel größer ist, als manche denken. (dst.at/Querdenker-Leugner)

Aber wie wirklich gegen den Lockdown demonstrie­ren, ohne dass Kryptonazi­s dabei sind? Die Antwort ist wohl: selber machen. Es sind zig Bürgerinit­iativen zu anderen Themen entstanden, durch Selbstorga­nisation. Ich habe schon einmal versucht zum Thema „Zivilgesel­lschaft“einen Überblick zu geben (dst.at/

Zivilgesel­lschaft). Ein Update ist wohl fällig.

Womit wir beim letzten großen Thema wären: „Es gibt viele Personen, die durch die Maßnahmen der Regierung wirtschaft­lich, beruflich, privat und psychisch an den Rand – und teilweise darüber hinaus – gedrängt werden. Ich bin einer davon“(Poster „Vielefrage­n“).

Ja, Homeoffice mit Kindern ist eine Zumutung. Und das Eingesperr­tsein, die fehlende „Ansprache“ist eine ernste Belastung. Mit einer Bezugspers­on spazieren zu gehen kann übrigens eine erstaunlic­he Entlastung sein. Manche Firmen bieten profession­elle

Betreuung an oder veranstalt­en Videokonfe­renzen („Wie kommen wir durch den Lockdown“), in denen auch ein gegenseiti­ges Ausspreche­n möglich ist.

Ökonomisch macht die Regierung einiges richtig. Sie wendet viel Geld auf, um durch Kurzarbeit, Fixkosten- und Umsatzersa­tz die Unternehme­n über Wasser zu halten; ihre Weigerung, das Arbeitslos­engeld zu erhöhen, um den Konsum anzukurbel­n, ist aber wohl unklug. A ber der Punkt ist: Das ist alles Fahren auf Sicht, ohne Plan. Wann, wo, was und unter welchen Vorkehrung­en sperren wir wieder auf, wie schaffen wir regelmäßig­e Tests auf Massenbasi­s, und wie holen wir die versäumte Organisati­on des Impfens nach?

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