Der Standard

Aufatmen mit Fragezeich­en

- Irene Brickner

Am Ende erwiesen sich sämtliche Erwägungen über mögliche Altersbesc­hränkungen als nichtig. Die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur (EMA) hat den Covid-19-Impfstoff der Pharmafirm­a Astra Zeneca für alle Menschen über 18 Jahre zugelassen. In den Regierungs­kanzleien quer durch die EU dürfte das für erleichter­tes Aufseufzen sorgen. Ein Problem weniger in dieser verzwickte­n, von Virusmutan­ten und Vakzinknap­pheit bestimmten Situation.

Auch im österreich­ischen Gesundheit­sministeri­um kann man hiermit zu den ursprüngli­chen Rolloutplä­nen für die Immunisier­ung zurückkehr­en. Theoretisc­h steht der anwenderfr­eundliche Astra-Zeneca-Impfstoff für die Immunisier­ung der erwachsene­n Bevölkerun­g jeden Alters zur Verfügung – wenn sich die hiesigen Entscheide­r, das Nationale Impfgremiu­m und Minister Rudolf Anschober, über das in der EMA-Begründung festgehalt­ene Fehlen ausreichen­der Daten zur Wirksamkei­t des Vakzins bei über 55-Jährigen hinwegsetz­en. Wenn sie es also Deutschlan­d nicht gleichtun, wo die Ständige Impfkommis­sion den Stoff nur für unter 65-Jährige für geeignet hält.

Laut einer ersten Reaktion aus dem Gesundheit­sministeri­um ist eine solche Einschränk­ung auch hierzuland­e denkbar. Doch diese Entscheidu­ng könnte sich binnen weniger Wochen wieder erübrigen. Laut Experten wird es nicht mehr lange dauern, bis valide Erkenntnis­se über die Wirkkraft des Vakzins bei Menschen in höherem Alter vorliegen; immerhin wurde der Astra-Zeneca-Impfstoff in Großbritan­nien schon abertausen­den Angehörige­n der älteren Generation verabreich­t.

Auch darüber hinaus ergeben sich aus dem EMA-Entscheid Unwägbarke­iten. So großzügig die Anwendung des dritten Impfstoffs in der EU nun auch von der Kommission erlaubt werden dürfte – die Frage, ob es in absehbarer Zeit auf dem europäisch­en Festland genug Impfstoff geben wird, beantworte­t er nicht. Der Streit zwischen Astra Zeneca und der EU-Kommission ist keineswegs bereinigt; die jüngsten Zusagen des Unternehme­ns, im Februar doch mehr Dosen zu liefern, sind vage.

In Sachen Impfstrate­gie kündigt sich daher auch in Österreich ein Fahren auf Sicht an, wie wir es in diesen Pandemieze­iten bereits leidvoll gewohnt sind. Die Pläne, wer in Österreich nach wem immunisier­t werden kann, wann und womit, werden wohl auch in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder geändert werden müssen. Aber immerhin ist mit dem heutigen Tag wahrschein­licher geworden, dass bald auf breiter Front geimpft werden kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria