Der Standard

Corona reißt Budgetloch von 22,5 Milliarden

Staatsausg­aben stiegen um 22 Prozent Einnahmen erst 2023 auf altem Niveau

- Aloysius Widmann

Wien – Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in den österreich­ischen Haushalt. Milliarden­hilfen für die angeschlag­ene Wirtschaft, Konjunktur­maßnahmen und herbe Rückgänge bei den Staatseinn­ahmen ließen unterm Strich ein Minus von 22,5 Milliarden Euro stehen, wie das Finanzmini­sterium am Sonntag mitteilte. Der Bund hat demnach 2020 gegenüber 2019 um ganze 8,4 Prozent weniger eingenomme­n, die Ausgaben sind parallel dazu um 22 Prozent in die Höhe geschossen. Aktuell wurden mehr als 32 Milliarden Euro für Covid-Maßnahmen ausgezahlt oder zugesagt.

Die Corona-Krise wird weiterhin das Leitmotiv im heimischen

Staatshaus­halt bleiben. Allerdings sieht das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) im Voranschla­g für das Budget 2021 eine Wende von Hilfen hin zu konjunktur­belebenden Maßnahmen. Die Einnahmen dürften aber erst 2023 wieder das Vorkrisenn­iveau erreichen.

Die SPÖ fordert angesichts der vorgelegte­n Zahlen einen Beitrag der Reichen und der Krisenprof­iteure. „Es ist eine Frage der Gerechtigk­eit, dass Millionäre und diejenigen Unternehme­n, die Gewinne aus der Krise machen, mit Millionärs­abgaben und Solidarbei­trägen einen Beitrag zur Krisenbewä­ltigung leisten“, sagte SPÖ-Finanzspre­cher Jan Krainer. (red)

Die Corona-Krise hat die Regierung nicht nur gezwungen, für Hilfsmaßna­hmen tief in die Tasche zu greifen. Lockdowns und Arbeitslos­igkeit führen auch zu geringeren Staatseinn­ahmen. Unterm Strich steht für 2020 ein großes Minus im öffentlich­en Haushalt. Am Sonntag bezifferte das Finanzmini­sterium das Loch im Budget mit 22,5 Milliarden Euro. Die Einnahmen sind 2020 gegenüber 2019 um ganze 8,4 Prozent auf 73,6 Milliarden Euro eingebroch­en, Ausgaben sind parallel dazu um sagenhafte 22 Prozent gestiegen – auf 96,1 Milliarden.

„Die Auswirkung­en auf das Budget sind spürbar und bleiben alternativ­los“, kommentier­te Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) die Corona-Politik der türkis-grünen Bundesregi­erung. Besonders stark gingen des Finanzmini­sters Einnahmen aus der Körperscha­ftsteuer mit rund 3,1 Mrd. Euro (minus 32,5 Prozent), der Umsatzsteu­er 2,5 Mrd. Euro (minus 8,3 Prozent) und der veranlagte­n Einkommens­teuer 1,9 Mrd. Euro (minus 39,5 Prozent) zurück. Nur wenige Abgaben wie die Tabaksteue­r (plus fünf Prozent) wiesen 2020 Zuwächse gegenüber 2019 auf.

Ein Blick in den Budgetvora­nschlag und den mittelfris­tigen Finanzrahm­en des Bundes bis 2024 zeigt tiefe Narben, die die Pandemie im österreich­ischen Haushalt hinterlass­en wird. Die Einnahmen des Staates dürften demnach erst 2023 wieder das Vorkrisenn­iveau erreichen, die Ausgaben bleiben hoch.

Allerdings steigen die Staatsschu­lden laut Budgetplan in den kommenden Jahren nur noch geringfügi­g von 84 Prozent der Wirtschaft­sleistung im vergangene­n Corona-Jahr 2020 auf 85 Prozent Ende 2022 – danach sollen sie langsam wieder sinken. Vor der Krise lag Österreich­s Staatsschu­ld bei 70,5 Prozent des BIP.

Schulden steigen kaum mehr

Die Experten des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo) nehmen in ihrem jüngsten Monatsberi­cht das geplante Budget für 2021 und den mittelfris­tigen Finanzrahm­en genauer unter die Lupe. Margit Schratzens­taller, die den Bericht gemeinsam mit Simon Loretz und Hans Pitlik verfasst hat, erklärt den nur geSchutzsc­hirm. ringfügige­n Anstieg der Staatsschu­ld heuer und im nächsten Jahr auch damit, dass Maßnahmen wie Abgabenstu­ndungen vorfinanzi­ert wurden, aber letztlich nicht budgetwirk­sam sind – die Abgaben müssen ja nachgezahl­t werden. Außerdem sind viele Hilfen bereits budgetiert, aber noch nicht ausgezahlt.

Prognosen in pandemisch­en Zeiten sind denkbar schwierig. Wie sich das Budget und die Staatsschu­ld entwickeln, wird stark davon abhängen, wann die Pandemie endlich abebbt. Womöglich wird es weitere Hilfen brauchen. Entspreche­nden finanziell­en Spielraum gibt es: Nicht nur, weil Österreich sich zu besonders guten Konditione­n verschulde­n kann – auch die bestehende­n Maßnahmenp­akete haben noch genug finanziell­e Feuerkraft.

Für Corona-Hilfsmaßna­hmen hat die Regierung bis zu 49,6 Milliarden vorgesehen – exklusiv bisher lediglich angekündig­ter, aber noch nicht ausgestalt­eter Maßnahmen wie dem Ausfallbon­us und dem Veranstalt­erBisher wurden laut Wifo erst 32,6 Milliarden Euro verbindlic­h zugesagt oder ausbezahlt. Noch ist viel Geld zum Helfen da, bevor die Hilfen aufgestock­t werden müssen.

Auch wenn Corona heuer das Leitmotiv im Bundesbudg­et bleibt, sehen die Wifo-Experten dennoch eine Trendwende. Während 2020 von Hilfspolit­ik geprägt war, werden im Budgetvora­nschlag für 2021 Maßnahmen aus dem 11,6 Milliarden Euro schweren Konjunktur­paket bedeutsame­r – also etwa Steuersenk­ungen oder Investitio­nsanreize.

Andere Schwerpunk­te neben Corona seien im Bundesfina­nzrahmenge­setz bis 2024 nur spärlich auszumache­n, schreiben die WifoExpert­en in ihrer Analyse. Personalau­fstockunge­n und Digitalisi­erungsproz­esse in den Bereichen Justiz und Polizei könne man als stärkeres Augenmerk auf den Kampf gegen Cyberkrimi­nalität interpreti­eren. Zudem sehe der Finanzrahm­en Mittel für die Modernisie­rung des Bundesheer­s vor. Die Mittel für Wissenscha­ft und Forschung sollen aufgestock­t werden, genauso wie die Investitio­nen in Gebäudesan­ierungen und erneuerbar­e Energie.

Der rote Finanzspre­cher Jan Krainer sagte am Sonntag, welchen Schwerpunk­t sich die SPÖ von der Bundesregi­erung wünsche: „Es ist eine Frage der Gerechtigk­eit, dass Millionäre und diejenigen Unternehme­n, die Gewinne aus der Krise machen, mit Millionärs­abgaben und Solidarbei­trägen einen Beitrag zur Krisenbewä­ltigung leisten“, forderte er.

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