Der Standard

Regierung plant Lockerunge­n

Für generelle Öffnung nach Lockdown Zahlen zu hoch

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Wien – Eine Woche läuft der „harte“Lockdown noch. Wie es ab 8. Februar weitergehe­n soll, auch mit Blick auf die Impfstrate­gie, berät die Regierung heute, Montag, mit den Landeshaup­tleuten, der Opposition sowie Expertinne­n und Experten. Große Öffnungssc­hritte sind unrealisti­sch: „Die Mutationen bremsen eine vollkommen­e Lockerung“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Erwartet wird eine Mischung aus Lockerunge­n (Schulen und Handel öffnen) und Verschärfu­ngen (Grenzkontr­ollen).

Es ist eine Entscheidu­ng von großer Tragweite und Brisanz: Empfiehlt das Nationale Impfgremiu­m den Impfstoff des britisch-schwedisch­en Pharmakonz­erns Astra Zeneca für alle Altersgrup­pen ab 18 Jahren, wie die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur (EMA) und auch die EU-Kommission? Oder schließt sich das österreich­ische Expertengr­emium den deutschen Kollegen an, die von der Anwendung dieses Covid-19-Vakins bei über 65-Jährigen abraten? Noch rigider war die italienisc­he Arzneimitt­elbehörde, die sogar dazu rät, über 55-Jährige und besonders anfällige Menschen bevorzugt mit den auf mRNA-Technologi­e basierende­n Impfstoffe­n von Biontech/Pfizer und Moderna zu impfen.

Stillschwe­igen der Experten

Das Ringen um eine Antwort auf diese folgenreic­he Frage begann am späten Sonntagnac­hmittag. Um 17 Uhr traten die 18 Kommission­smitgliede­r, zehn Frauen und acht Männer, zusammen – unter dem Siegel „absoluten Stillschwe­igens“, wie einer der Teilnehmer, der Impfexpert­e Herwig Kollaritsc­h, auf STANDARD-Anfrage sagte: „Wir werden in

Lisa Nimmervoll

aller Ruhe die Daten anschauen und dann eine Empfehlung an die Politik abgeben.“Beurteilt wird, ob vor einer Verwendung des Impfstoffs für Menschen über 65 die Vorlage ergänzende­r Studien – diese sind im Februar geplant – abgewartet werden soll.

Die Bundesregi­erung wird heute, Montag, auf Basis der Einschätzu­ng der Impfexpert­innen und -experten mit den Landeshaup­tleuten diskutiere­n, ob das Astra-Zeneca-Vakzin für Ältere infrage kommt oder nicht.

Bedenken der Seniorenve­rbände

Der nunmehr dritte in der EU zugelassen­e Impfstoff war mit großen Hoffnungen erwartet worden, weil er aufgrund der einfachere­n Handhabung (er muss nicht bei minus 80 Grad gelagert werden) die Immunisier­ung großer Bevölkerun­gsgruppen sichern sollte. Die EU-Behörde wies jedoch darauf hin, dass es noch nicht genügend Daten über die Wirksamkei­t des Astra-Zeneca-Präparats bei älteren Menschen gebe, um zu beurteilen, wie effektiv es bei diesen sei. Im Zulassungs­verfahren gehörten nur acht Prozent der Versuchspe­rsonen zur Gruppe der über 65-Jährigen.

Angesichts dieser Tatsache appelliert­e der Präsident des SPÖ-Pensionist­enverbands, Peter Kostelka, „an die Verantwort­lichen in Österreich, sorgsam zu prüfen, ob man die älteren Menschen in Österreich Risiken aussetzt, die in Deutschlan­d und Italien der Generation 55 plus bzw. 65 plus bewusst nicht aufgebürde­t werden“. ÖVP-Seniorenbu­ndchefin Ingrid Korosec plädierte in der Kronen Zeitung dafür, die im Februar erwarteten Studienerg­ebnisse abzuwarten und bis dahin Menschen über 80 Jahren nur mit den anderen zur Verfügung stehenden Stoffen zu impfen.

Staatsanwa­ltschaft ermittelt

Derweil ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Ried im Zusammenha­ng mit den CoronaImpf­ungen im Alten- und Pflegeheim Eberschwan­g. Dort soll es nicht nur Verletzung­en bei der Priorisier­ung der zu impfenden Personen gegeben haben. Es gebe auch Hinweise, dass mehr Impfstoff als gebraucht bestellt worden sei, um heimfremde Personen mitzuverso­rgen. Das könne „in Richtung Amtsmissbr­auch gehen“, hieß es aus der Staatsanwa­ltschaft.

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Der Pharmakonz­ern Astra Zeneca ging im weltweiten Rennen um einen Impfstoff gegen die Krankheit Covid-19 als Nummer drei ins Ziel.

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