Der Standard

Tipps für Debatten, wenn Fakten abprallen

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Februar 2021, ein Jahr Pandemie, man weiß mittlerwei­le, dass dieses Coronaviru­s nicht so schnell besiegt werden kann. Trotz der Impfstoffe, die in Rekordzeit entwickelt wurden und die Mut machen, ist die Krise nicht überstande­n. Auch darüber zu reden kann zur Herausford­erung werden, wenn im Familienun­d Bekanntenk­reis Verschwöru­ngserzählu­ngen in die Debatten einfließen. „Hier kommt die Impfung gegen unsinnige Argumente“, verspricht das neue Buch der Digitalexp­ertin und Journalist­in Ingrid Brodnig, Einspruch!, auf dem Cover euphorisch. Nehmen wir das mal nicht wörtlich. Doch Brodnig weiß, worüber sie schreibt. Es ist ihr mittlerwei­le fünftes Buch, Debattenku­ltur ist ihr publizisti­scher Schwerpunk­t.

Dass auch das Überwinden von Verschwöru­ngstheorie­n jedweder Art ein langer Weg ist, zeigt Brodnig eindrucksv­oll am Beispiel von Anja Sanchez Mengeler auf. Die Deutsche war selbst in Verschwöru­ngserzählu­ngen hineingeki­ppt. Sich davon zu lösen dauerte „zwei, drei Jahre“. Nur langsam war die Frau wieder bereit, differenzi­ert zu denken und „die Welt nicht in Schwarz-Weiß, sondern in Graustufen zu sehen“.

Faktenchec­ks alleine sind kein Wundermitt­el. Was es noch braucht? Bezugspers­onen, die immer wieder Zweifel säen und Fragen aufwerfen. Diese Leserschaf­t ist mit dem Buch gut bedient. Brodnig stützt ihre Tipps auf wissenscha­ftliche Studien und Theorien. Sie macht nachvollzi­ehbar, wie man in die Situation gelangen kann, an abwegige Dinge zu glauben, und dass Bildung davor nicht schützt. Etwa den pensionier­ten Akademiker, der ein gesundheit­sschädlich­es Bleich- und Desinfekti­onsmittel gegen Covid-19 einnimmt. Ja, mit Verschwöru­ngstheorie­n wird auch Profit gemacht.

Einspruch! ist ein nützlicher Ratgeber, wie wertschätz­ender Widerspruc­h gelingen kann.

Sabine Bürger

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