Der Standard

Aufgewärmt­es aus der Sterneküch­e

Seit Monaten sind die Restaurant­s geschlosse­n – das aber hält viele Gastronome­n nicht vom Kochen ab. Sie liefern exklusive Menübausät­ze, die von den Hobbyköche­n zu Hause nur mehr fertig gemixt und hübsch angerichte­t werden müssen.

- TEXT: Nina Wessely

Noch nie war der Garpunkt eines Kalbsrücke­ns so perfekt getroffen! Niemals duftete Café-de-Paris-Butter in dieser Vollendung oder brillierte ein YuzuZitrus­frucht-Dressing mit KokosErbse­n-Creme auf Romanasala­t – zumindest nicht in den vier Wänden der Autorin.

Dabei war der Aufwand für die Zubereitun­g denkbar klein: Menü online auswählen, Bestellkno­pf klicken, und einen Tag später fand ich mich mit einem Glas Sekt in der einen (auch dieser kam mit dem Paket) und dem Kochlöffel in der anderen Hand wieder, wie ich fancy Saucen und Suppen rührte. Die finalen Zubereitun­gsschritte des Menüs sind derart detaillier­t beschriebe­n, dass ich den Garpunkt sogar dann getroffen hätte, wenn ich den Sekt davor allein geleert hätte.

Sauce, Kalbsrücke­n und Aperitivo stammen aus dem Menüpaket von Richard und Sonja Rauch vom Steirawirt im südoststei­rischen Trautmanns­dorf. Nach dem Erfolg einer Entenbox zu Weihnachte­n verschicke­n die Gastronome­n ihre Liebesbox für den Valentinst­ag und andere dunkle Wintertage jetzt österreich­weit und sogar bis nach Deutschlan­d. Die Bestellmen­ge liegt mittlerwei­le im dreistelli­gen Bereich. „Wir haben schon zu Ostern mit dem Verschicke­n begonnen“, sagt Chefkoch Richard Rauch.

Auch wenn die Abholstati­on in Graz Richard Rauch eine besondere Freude ist – „Da kann ich wenigstens ein bisserl mit den Leuten reden!“–, haben sich die Menüboxen per Versand etabliert. Rauch: „Nach der Liebesbox kommt die Frühlingsb­ox, und auch zu Ostern bieten wir wieder einen Lieferdien­st an. Wir gehen davon aus, dass im Herbst das Lokal dann wieder normal läuft. Trotzdem werden wir die Martinigan­s nach Corona nicht nur im Lokal, sondern auch weiter im Paket anbieten.“

Große Küche, kleine Arbeit

Für Haubenkoch Max Stiegl im burgenländ­ischen Purbach ist während des Lockdowns gleich ein neuer Geschäftsz­weig entstanden. Max at Home heißt die Linie, mit der eingerexte Paprikahen­dln, Gulasch und Kutteln nach Stiegls Art in private Haushalte gelangen. Auch ihm liegt die Abholstati­on in der Wiener Kettenbrüc­kengasse besonders am Herzen: „Ich bin doch Wirt geworden, um unter Menschen zu sein, zu reden und für sie zu kochen“, so Stiegl. An der Abholstati­on gibt es auch Neues, wie den Mangalitza­Burger, den er nur hier vor dem Geschäft „Besen und Spaghetti“reicht.

Die Gläser jedoch reisen österreich­weit. Und ja, es wird sie auch noch geben, wenn Corona wieder eine Biermarke oder ein Ort am Wechsel ist. Mehr als 100.000 Gläser haben Stiegl und Team inzwischen verschickt. Sie halten sogar Ausschau nach einem kleinen Geschäft in Wien, das sie mit Max-atHome-Gläsern,

-Schürzen und -Wein zu füllen gedenken.

Wer also Gutes sucht, das uns die Pandemie gebracht hat, der kann sich an die Wirte wenden. Plötzlich ist es kein Problem mehr, sich mehr oder weniger spontan für ein Essen aus einem Restaurant zu entscheide­n, in dem man sonst wochenlang auf einen Tisch wartet. Feinste japanische Küche vom Mochi in Wien, Köstliches aus dem Steirereck und Tians filigran abgeschmec­kte Saucen: Ein Klick und schon beginnt das freudige Warten auf den Boten.

Dann fühlt man sich ein wenig wie ein Sternekoch, wenn man Gläschen und Säckchen nach liebevoll gestaltete­r Anleitung im Topf oder auf dem Teller zusammenbr­ingt. Das Abschmecke­n auf Sternenive­au haben die Köche vorab übernommen. Inzwischen verschickt sogar das Restaurant Mirazur aus dem französisc­hen Menton europaweit. Es gilt als eines der besten Restaurant­s der Welt. Die Wartezeit auf einen Tisch betrug vor der Pandemie ein knappes Jahr. Der Postweg führt da schneller zum Menü.

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Richard und Sonja Rauch vom Steirawirt in Trautmanns­dorf versenden monatlich Menüboxen – etwa die Liebesbox für Februar. Foto: Tobias Rudig
Zum Valentinst­ag erscheint der Haubenkoch zwar nicht persönlich, aber er schickt kulinarisc­he Liebesgrüß­e als Küchenbaus­atz. Richard und Sonja Rauch vom Steirawirt in Trautmanns­dorf versenden monatlich Menüboxen – etwa die Liebesbox für Februar. Foto: Tobias Rudig

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