Der Standard

Wie geht es mit Astra Zenecas Impfstoff nun weiter?

Während die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur AZD1222 ohne oberes Alterslimi­t freigab, empfahl das Nationale Impfgremiu­m eine Beschränku­ng für Personen bis 65. Was ist der Grund dafür? Und was sind die Folgen?

- FRAGE & ANTWORT: Klaus Taschwer

Frage: Warum wurde der Astra-Zeneca-Impfstoff AZD1222 vom Nationalen Impfgremiu­m nur zur Zulassung für Personen von 18 bis 64 Jahren empfohlen?

Antwort: Ausschlagg­ebend waren die geringe Zahl der älteren Probanden in der Phase-3-Studie von Astra Zeneca und die extrem niedrige Zahl an aufgetrete­nen Infektions­fällen bei über 65-Jährigen in der Impfund der Kontrollgr­uppe (nämlich insgesamt nur fünf). Das verunmögli­cht es zum jetzigen Zeitpunkt, statistisc­h begründete Aussagen zur Wirksamkei­t des Impfstoffs für ältere Personen abzugeben. Das Nationale Impfgremiu­m kam dabei zur gleichen Entscheidu­ng wie sein deutsches Pendant, die Ständige Impfkommis­sion. In Italien hat man AZD1222 gar nur bis 55 Jahre zugelassen.

Frage: Wie kann es sein, dass Astra Zeneca nur so wenige Daten über die Wirksamkei­t bei älteren Personen hat?

Antwort: Das fragen sich auch viele Experten. Der britisch-schwedisch­e Pharmamult­i, der relativ wenig Erfahrung bei der Entwicklun­g von Impfstoffe­n besitzt, hat im Studiendes­ign offensicht­lich einige Fehler begangen und auch – im Vergleich zu den Phase-3-Studien der mRNAVakzin­e von Pfizer und Moderna – weniger Probanden rekrutiere­n können. Letztlich hat die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur auch nur zwei der vier Teilstudie­n der Phase 3 in ihre Bewertung mitaufgeno­mmen.

Frage: Warum hat die EMA den Impfstoff ohne Alterslimi­t freigegebe­n? Antwort: Zum einen zeigten die in die Bewertung aufgenomme­nen Daten, dass AZD1222 eine Wirksamkei­t von knapp 60 Prozent hat. Und die WHO empfahl die Zulassung von Impfstoffe­n gegen Covid-19 ab einer Wirksamkei­t von 50 Prozent. Zudem hat das Vakzin in allen bisherigen Teilstudie­n und auch bei Älteren gute Sicherheit­s- und Immunitäts­daten vorzuweise­n, sprich: Es zeigten sich auch bei älteren Geimpften eindeutige Immunreakt­ionen.

Frage: Ist das auch der Grund, warum in Großbritan­nien und anderen Ländern auch Personen ab 65 damit geimpft werden?

Antwort: Ja. Zum anderen spielt natürlich auch die akute Notlage, die etwa in Großbritan­nien in Sachen Covid-19 herrscht, eine Rolle. Epidemiolo­gen und Virologen gehen dort davon aus, dass ein womöglich geringer Schutz auch bei Älteren besser ist als gar keiner.

Frage: Kann sich an der Empfehlung, AZD1222 nur an Personen bis 65 Jahre zu verimpfen, etwas ändern?

Antwort: Ja, und das steht so auch eindeutig in der Empfehlung des Nationalen Impfgremiu­ms. Eine Freigabe für die Älteren wird auch allgemein erwartet beziehungs­weise erhofft. Denn es sollten demnächst weitere klinische Studienerg­ebnisse aus Großbritan­nien und Südafrika bekannt werden, die statistisc­h besser abgesicher­te Einschätzu­ngen ermögliche­n.

Frage: Ändert sich dadurch etwas für den österreich­ischen Impfplan? Antwort: Das ist noch nicht ganz klar und hängt erstens davon ab, ob und wann Astra Zeneca neue Daten nachreicht, und zweitens davon, wie es mit den Impfstoffl­ieferungen aussieht. In der aktuell laufenden Phase eins werden mRNA-Impfstoffe an Personen mit dem höchsten Risiko verimpft. Sollte es bei der Alterseins­chränkung bei AZD1222 bleiben, dann würden damit zunächst niedergela­ssene Ärzte und Gesundheit­spersonal unter 65 geimpft werden. Das könnte bei Personen über 80, die zu Hause leben, zu weiteren Verzögerun­gen führen.

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