Der Standard

Nächste Ausfahrt Cortina

Lara Gut-Behrami gewann das letzte Damen-Weltcupren­nen vor der alpinen WM in Cortina d’Ampezzo. Für Sofia Goggia, die Mutige, brach schon am Tag davor eine Welt zusammen.

- Sigi Lützow

Haarsträub­ende Schräglage­n, extra verwegene Linienführ­ung, Sprünge mit letztem Risiko – Sofia Goggia war in dieser Saison der Inbegriff der Abfahrerin. Vier von fünf Rennen gewann die Italieneri­n. Nach ihrem Husarenrit­t bei schlechter Sicht in Crans Montana hatte sie im Abschwinge­n dem heraneilen­den Kameramann voller Stolz auf ihre Fahrt ein „Only the brave!“entgegenge­schleudert, „Nur die Tapferen!“

Angesichts der Verletzung­sgeschicht­e der 28-Jährigen aus Bergamo kann getrost auch von Tollkühnhe­it gesprochen werden. Vor einem Jahr hatte sich Goggia bei einem Sturz im Super-G von GarmischPa­rtenkirche­n den Unterarm gebrochen. 2018/19 fehlte sie dem Weltcup zunächst nach einem Knöchelbru­ch in der Vorbereitu­ng. Die Olympische­n Spiele in Sotschi 2014 verpasste sie wegen eines ihrer insgesamt drei Kreuzbandr­isse.

Abfahrtsgo­ld vier Jahre später in Pyeongchan­g war eine Entschädig­ung. Der Weltmeiste­rtitel sollte am 13. Februar folgen – auf der Olimpia delle Tofane ob Cortina d’Ampezzo. Noch vor wenigen Tagen hatte die Sportlerin der Guardia di Finanza für Cortina geworben. Die mondäne Stadt in den Dolomiten sei für sie aus vielerlei Gründen „ein Ort des Herzens. Es ist der Ort, an dem ich Lindsey Vonn nach dem ersten gemeinsame­n Foto gefragt habe, und der Ort, wo ich mein erstes rotes Abfahrtstr­ikot vor ihren Augen gewonnen habe.“

Wie zum Hohn

Jetzt bleibt Goggia nur noch die Möglichkei­t, mit gebrochene­m Herzen die WM im Fernsehen mitzuverfo­lgen. Am Sonntag, nach der Verschiebu­ng des zweiten Super-G in Garmisch, hatte sie mit ihren Rennskiern den Startberei­ch verlassen und war in Begleitung der Slowakin

Petra Vlhova langsam abgefahren. Bei Nebel soll sie im weichen Schnee hängen geblieben sein, die Bindung des Renngeräts ging nicht auf. Goggia war sich sofort der Tragweite ihrer Verletzung bewusst. Sie wurde mit dem Helikopter nach Mailand geflogen, wo ihr eine Fraktur des Schienbein­kopfs im rechten Knie diagnostiz­iert wurde.

Eine Operation ist nicht notwendig, Goggia kann mit Physiother­apie wiederherg­estellt werden – aber gewiss nicht bis zur WM. Und nicht rechtzeiti­g genug, um die derzeit noch deutliche Führung im Abfahrtswe­ltcup zu verteidige­n. Goggias erste Verfolgeri­n, Breezy Johnson aus den USA, liegt drei Rennen vor Schluss 195 Punkte zurück. Möglich, dass Goggia ihre zweite Abfahrtsku­gel nach 2019 auch ohne weiteren Saisoneins­atz holt. Sie lässt sich bei Gelegenhei­t die Platte entfernen, die ihr nach dem Unterarmbr­uch eingesetzt worden war.

Lara Gut-Behrami ist gegenwärti­g so gesund, wie es eine Skirennläu­ferin nach all den Jahren sein kann. Für den Gewinn des Super-GWeltcups müsste die Schweizeri­n nichts mehr riskieren. Die 29-jährige Tessinerin, schon am Samstag auf der Kandahar siegreich, gewann auch den auf Montag verlegten Super-G in Garmisch. Auch sie liegt 195 Zähler vor der ersten Verfolgeri­n, ihrer Landsfrau Corinne Suter. Allerdings stehen im Weltcup nur noch zwei Super-G aus.

Tippler ein Tipp

Über die Favoritin für den WMSuper-G am 9. Februar erübrigt sich jede Diskussion. Zu den Medaillena­nwärterinn­en zählt jedenfalls die Steirerin Tamara Tippler. Nach zweiten Plätzen in St. Anton (Abfahrt) und Crans Montana (Super-G) fuhr sie am Montag hinter der Weltcupfüh­renden Petra Vlhova auf ihr drittes Saisonpode­st.

 ??  ?? Lara Gut-Behrami ist im WM-Super-G, was Sofia Goggia in der WM-Abfahrt gewesen wäre: haushohe Goldfavori­tin. Foto: Imago / Oryk Haist
Lara Gut-Behrami ist im WM-Super-G, was Sofia Goggia in der WM-Abfahrt gewesen wäre: haushohe Goldfavori­tin. Foto: Imago / Oryk Haist

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