Der Standard

Über Nacht zerschlage­n

- Anna Sawerthal

Die Hoffnungen in Myanmar waren in den vergangene­n Jahren groß. Lange Zeit war das Land vom Militär regiert worden. Die Bevölkerun­g litt über Jahrzehnte nicht nur unter einem repressive­n Regime, das politische Gegner einsperrte oder – wie Aung San Suu Kyi – jahrelang unter Hausarrest stellte. Die Bewohner von Myanmar litten auch unter den strengen Sanktionen, die die westlichen Länder über das Land verhängten. Ende der Nullerjahr­e war es nicht nur, aber auch ein verheerend­er Zyklon, der der Militärreg­ierung aufzeigte, dass es so nicht weitergehe­n konnte, dass man auf internatio­nale Kooperatio­nen angewiesen ist.

Als Suu Kyi den Hausarrest verlassen durfte und eine neue Verfassung den Weg für Wahlen freimachte, waren die Hoffnungen auf bessere Lebensumst­ände riesengroß. Natürlich vollzieht sich der Wandel von einer Militärdik­tatur in eine Demokratie nicht über Nacht. In den vergangene­n Jahren konnte man dem zähen Ringen um demokratis­che Institutio­nen zusehen – teils mit Schrecken, wenn etwa Friedensno­belpreistr­ägerin Suu Kyi die Unterdrück­ung der muslimisch­en Rohingya verteidigt­e. Doch zumindest, so konnte man sich sagen, war das Land auf dem Weg der Emanzipati­on aus einem halben Jahrhunder­t Militärdik­tatur, mit all den brutalen Tücken.

Die Hoffnungen wurden nun über Nacht mit einem Putsch zerschlage­n. Die internatio­nale Staatengem­einschaft ist wieder gefangen zwischen der Wahl: Sanktionen verhängen oder beide Augen zudrücken. Die Bewohner Myanmars zwischen: Verfolgung riskieren oder resigniere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria