Der Standard

Zeit für Modernisie­rung

- Sebastian Fellner

Die österreich­ische Staatsbürg­erschaft ist kein Privileg. Sie wird jedes Jahr zehntausen­de Male verschenkt – und zwar an alle Kinder von Menschen, die bereits einen österreich­ischen Pass haben. Die politische Entscheidu­ng, alle anderen hier geborenen Kinder von der Staatsbürg­erschaft auszuschli­eßen, fußt auf einem völkischen Grundgedan­ken, der zu einem modernen Staat einfach nicht passt. Im 21. Jahrhunder­t kann sich die Republik ihre Bürger nicht auf Basis genealogis­cher Argumente aussuchen.

Wer den Großteil seines Lebens in Österreich verbracht hat, soll bestimmte Rechte haben, mitentsche­iden dürfen – und nicht als Kind mitten in der Nacht von der Polizei in ein fremdes Land gebracht werden können. Seit Jahren wächst jener Teil der Bevölkerun­g, der zwar hier lebt, an der Gesellscha­ft teilnimmt, Gesetze befolgt und Steuern zahlt, aber bei Wahlen nicht mitentsche­iden darf. Das ist ein demokratie­politische­s Problem, das uns noch auf den Kopf fallen wird. Zumal der Zugang zur Staatsbürg­erschaft zuletzt immer weiter erschwert wurde.

Ja, diese Umstellung würde einiges komplizier­ter machen. Die Regierung müsste vor allem ihren (selektiven) Widerstand gegen Doppelstaa­tsbürgersc­haften aufgeben. Aber andere Länder wie die USA zeigen, dass ein Geburtsort­prinzip möglich ist. Gerade ein Einwanderu­ngsland wie Österreich braucht dringend eine aktualisie­rte Definition dessen, wer sein Souverän ist.

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