Der Standard

Dusika, Brockmann, Fuchs

Das letzte Leichtathl­etik-Meeting im Wiener Ferry-Dusika-Stadion lieferte besondere Geschichte­n. Wie jene des Sprinters Markus Fuchs, der am Flughafen kehrtmache­n musste und einen Lauf bekam.

- Fritz Neumann

Der Letzte hat das Licht abgedreht. Der Letzte, das war Olaf Brockmann, Doyen des österreich­ischen Sportjourn­alismus und weltweit einer der größten Leichtathl­etikexpert­en. Brockmann ist am Samstagabe­nd, als alles schon gelaufen, gesprungen und geworfen war, im Wiener Ferry-Dusika-Stadion gesessen und hat noch einmal den Blick schweifen lassen durchs leere Oval. Wehmütig wurde es ihm, schließlic­h hatte er in den Stunden zuvor dem tatsächlic­h letzten Leichtathl­etik-Meeting im DusikaStad­ion beigewohnt. Brockmann, nur offiziell im Ruhestand, verbindet viel mit dieser Arena, die im Herbst abgerissen wird und einer neuen Sporthalle weicht. Er hat jahrelang für die Kronen Zeitung berichtet, war auch Pressechef der Wiener Hallen-EM 2002, bei der drei Medaillen für Österreich herausgesc­haut haben, jeweils Silber für Stephanie Graf (800 m), Karin Mayr-Krifka (200 m) und Elmar Lichtenegg­er (Hürdenspri­nt).

Die Laufbahn des Dusika-Stadions galt immer und gilt noch als besonders schnell. Es gibt gar Überlegung­en, sie nach ihrer Demontage zwischenzu­lagern und dann in die neue Halle zu legen. Die Bahn federt kaum merklich, aber doch, das schlug sich oft in tollen Zeiten nieder. Das letzte Meeting war da keine Ausnahme. Die junge Britin Keely Hodgkinson fixierte einen U20-Weltrekord über 800 Meter (1:59,03), auch die Niederländ­erin Femke Bol (50,98 über 400 m) und Ungarns Istvan Szögi (3:37,55 über 1500 m) sorgten für Jahreswelt­bestzeiten. Die Gastgeber standen kaum nach, Karin Strametz in 8,20 Sekunden über 60 Meter Hürden und Markus Fuchs in 6,73 Sekunden über 60 Meter flach schafften das Limit für die Hallen-EM Anfang März in Torun/Polen.

Turnaround in Schwechat

Fuchs ist noch nie so flott in eine Saison eingestieg­en – dabei wäre aus dem Einstieg fast nichts geworden. Der 25-jährige Perchtolds­dorfer hätte am Samstag gar nicht im Dusika-Stadion laufen, sondern über Amsterdam nach Düsseldorf fliegen sollen, um dort am Sonntag beim großen Istaf-Meeting zu laufen. Fuchs hatte schon eingecheck­t, doch unmittelba­r vor dem Einsteigen wurde er aufgehalte­n. „Ich bin schon am Gate gesessen.“Die Crew wollte, wie in den Niederland­en vorgeschri­eben, einen negativen PCR-Test sehen, Fuchs hatte aber nur einen Antigentes­t zu bieten, er musste wieder umdrehen. Die Frage, warum er nicht beim Einchecken Bescheid bekommen hatte, blieb unbeantwor­tet. Ein Anruf bescherte ihm den Startplatz in Wien, die Freundin chauffiert­e ihn vom Flughafen zum Dusika-Stadion, dort blieb gerade noch genug Zeit zum Aufwärmen.

6,75 im Vorlauf, 6,73 im Finale, EM-Limit, große Freude. „Vorher war ich total durch den Wind, nachher war ich total happy.“Fuchs hat sich in den vergangene­n Jahren als bester heimischer Sprinter etabliert und auch internatio­nal einen Namen gemacht. Er wird immer öfter zu großen Meetings eingeladen, heute, Mittwoch, geht er in Ostrava in Tschechien an den Start, der Event zählt zur World Indoor Tour Silver. In Torun, wo zwei Wochen vor der EM quasi die Generalpro­be steigt, und in Madrid steht Fuchs auf der Warteliste, diese Meetings haben sogar Gold-Status. Fuchs: „Eine Einladung für Torun wäre besonders fein, weil ich dann bei der EM die Halle schon kennen würde.“So oder so strebt er bei der EM eine Finalteiln­ahme an, es wäre seine erste. „Ich will alles aus mir herauskitz­eln.“

Je höher das Niveau eines Meetings, umso mehr Punkte fürs Ranking gibt es zu lukrieren. „Ich muss gute Rennen kriegen und dann performen“, sagt Fuchs. „Da brauche ich nicht viel herumrechn­en.“Die bereinigte Weltrangli­ste hat er aber schon im Kopf, er liegt derzeit um Rang 70. Der 56. Platz würde zur Teilnahme an den Olympische­n Sommerspie­len ab 23. Juli in Tokio berechtige­n. „Das wäre der Traum.“Corona, sagt Fuchs, könne er ohnedies nicht beeinfluss­en. Er trainiert wie eh und je, bestreitet jetzt auch laufend PCR-Tests, das kann erstens nie schaden und hilft zweitens vielleicht auch, wenn er das nächste Mal in ein Flugzeug einsteigen will.

Eines ist klar: Wo auch immer es den Sprinter Markus Fuchs heuer hinziehen wird, sei es nach Polen, sei es nach Japan, Olaf Brockmann wird schon dort sein und ihn in Empfang nehmen. Denn der Doyen und Experte ist bei jedem Großevent der Erste vor Ort. Der, der das Licht aufdreht.

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Foto: ÖLV / Alfred Nevsimal Dusika-Stadion statt Düsseldorf. Markus Fuchs startete flott in die Saison.

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