Der Standard

Kinder brauchen die Schule

Die vorsichtig­e Öffnung für Schüler ist richtig, ihre Sicherheit hängt von uns allen ab

- Lisa Nimmervoll

Lockdown bedeutet viele geschlosse­ne Türen. Ein paar von ihnen sollen nun wieder geöffnet werden. Die Regierung tut das vorsichtig, was angesichts der Infektions­zahlen und der neuen, gefährlich mutierten „Mitspieler“in der Corona-Pandemie völlig richtig ist. Die langsame Öffnung der Schulen spielt dabei eine besondere Rolle, vor allem für die, für die die Schule eigentlich da ist: die Kinder und Jugendlich­en.

Denn es waren wohl auch die zunehmend drastische­ren Berichte von Kinderund Jugendmedi­zinern über immer mehr Betroffene, deren kindliche Lebenswelt durch das Wegbrechen ihres wichtigste­n Sozialraum­s und der Kontakte außerhalb der familiären Sphäre mitunter regelrecht implodiert ist. Vielen Kindern ist durch die Corona-bedingten Verlusterf­ahrungen wie einem Luftballon langsam die Luft ausgegange­n. Nun wurden ihre Hilferufe gehört.

Das ist gut so, denn es war schon erstaunlic­h, wie nonchalant über kindliche Bedürfniss­e hinweggega­ngen wurde. Dabei sollte allen klar sein: Es gibt es in dieser Pandemie zwei besonders vulnerable und daher schützensw­erte Gruppen – die Älteren und die Jüngsten in der Gesellscha­ft. Letztere kamen bis jetzt leider oft zu kurz.

Mit dem nun vorgelegte­n Schutzkonz­ept schnallt die Regierung die Schülerinn­en und Schüler gleich mit drei Sicherheit­sgurten an, um sie möglichst sicher durch den pandemisch­en Ausnahmezu­stand zu bringen: Masken, Tests und Abstand durch Schichtbet­rieb sind ein probater Mix an Maßnahmen aus dem epidemiolo­gischen Notfallkof­fer.

Ein paar Instrument­e sollte die Regierung allerdings noch hineinpack­en: Die Freitags-Testlücke in den Volksschul­en gehört geschlosse­n. Die am Montag und Mittwoch angesetzte­n Tests sind nämlich nur 48 Stunden gültig. Den einen Statuschec­k am fünften Tag des Präsenzunt­errichts sollten wir uns im Interesse der Sicherheit aller unbedingt leisten. Und der „Begleitsch­utz“durch die bis 8. März auf Eis gelegte „Gurgelstud­ie“wäre genau in dieser Phase wichtig, auch um notfalls rechtzeiti­g bremsen oder die Fahrt auch wieder stoppen zu können.

Apropos Sicherheit­sgurt: Die Schule hört nicht vor dem Schultor auf. Auch der Schulweg ist noch extra abzusicher­n, das heißt: Die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel müssen so aufgestock­t oder schneller getaktet werden, dass nicht dort die umfassende­n Sicherheit­smaßnahmen in den Schulen zunichtege­macht werden. Das sind Einfallsto­re für das Virus.

Die größte Gefahr für sichere Schulen aber sind wir alle. Schulen sind keine abgeschott­eten Inseln, sie sind immer nur so sicher wie ihr Umfeld, also die Welt mit Corona, für die wir alle miteinande­r und jeder bzw. jede Einzelne verantwort­lich sind. Kinder brauchen die Schule. Aber sie allein werden das Coronaviru­s nicht in Schach halten können – egal, ob sie zum Distance-Learning ins Kinderzimm­er gesperrt werden oder sich in der maximal geschützte­n Schule brav an alle Corona-Regeln halten.

Die pandemiemü­de, maßnahmenf­aule oder ignorante Erwachsene­ngesellsch­aft muss endlich den Fluch der noch immer zu hohen Infektions­zahlen bannen. Da gilt: Jeder Sozialkont­akt, den ein Erwachsene­r vermeidet, schafft buchstäbli­ch Spielraum für die Kinder. Das Virus tut, was es tun muss, weil es nicht anders kann. Es ist dumm. Das wäre ein Vorteil für sein Opfer: Das Vernunftwe­sen Mensch könnte es ausbremsen. Also dann: Alle anschnalle­n, bitte!

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