Der Standard

Geduldiger Aufstieg und dann ein Putsch

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Dass Aung San Suu Kyi wieder unter Hausarrest steht, geht vor allem auf das Konto eines Mannes: Min Aung Hlaing. Der 64-jährige General hat am Montag an ihrer statt mit einem Putsch die Staatsgesc­häfte übernommen. Warum genau jetzt und warum überhaupt ein Putsch? Das lässt viele Beobachter weiterhin irritiert zurück. Denn das Militär war trotz aller Öffnungssc­hritte der vergangene­n Jahre sehr mächtig in Myanmar, genauso wie Armeechef Hlaing selbst.

Viele sehen aber ganz persönlich­e Interessen von Hlaing im Hintergrun­d.

Der Mann mit der runden Brille, der mehr wie ein Beamter daherkommt als ein mächtiger Armeechef, wurde in der Hafenstadt Dawei im Süden des Landes geboren. Sein Vater war ein Bauingenie­ur, der für das Ministeriu­m arbeitete. Hlaing entschloss sich für ein Jusstudium an der Yangon-Universitä­t, wo er als zurückgezo­gen und ruhig beschriebe­n wurde. Anders als viele seiner Klassenkol­legen zu jener Zeit interessie­rte er sich nicht für politische­n Aktivismus. Stattdesse­n wollte er auf die Elite-MilitärUni Defence Services Academy. Beim dritten Mal klappte es mit der Aufnahme.

Ohne herausrage­nde Leistungen stieg er langsam und geduldig über die Jahre in den Rängen des Heeres auf. In den späten 2000er-Jahren profiliert­e er sich als brutaler Kommandant bei Einsätzen gegen Rebellenar­meen in Ostmyanmar. Auch die blutige Niederschl­agung der Safran-Revolution tausender Mönche 2007 unterstütz­te er.

2011, inmitten der beginnende­n Demokratis­ierung, avancierte Hlaing zum obersten General. Als solcher behielt er die Politik des Landes fest im Griff, auch wenn nun Suu Kyi mit ihrer NLD an der Macht war.

Als Chef einer der größten Armeen in der Region nutzte er die wirtschaft­liche Öffnung Myanmars, um selbst Reichtum anzuhäufen. Die USA und die EU haben ihn auf die schwarze Liste gesetzt, nachdem unter seiner Führung brutale Offensiven gegen die muslimisch­e Minderheit der Rohingya durchgefüh­rt wurden, die zu Hunderttau­senden das Land verlassen mussten. Gegen ihn läuft ein Verfahren vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f.

Über die vergangene­n zehn Jahre hat sich Hlaing mit Suu Kyi arrangiert, die Beziehung blieb aber unterkühlt. Im Juli würde seine Amtszeit als Armeechef enden. Präsident zu werden konnte sich Hlaing nicht ausrechnen. Sein Ausscheide­n aus dem Amt würde ihn und seine Familie ernsthaft in Bedrängnis bringen. Das hat er nun für ein Jahr hinausgezö­gert – oder auch länger. Anna Sawerthal

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Foto: AFP / Thet Aung General Min Aung Hlaing ist seit Montag der oberste Machthaber in Myanmar.

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