Warum Tirol so wenige Covid-Fälle hat
Das vielkritisierte Land zählt zu den Schlusslichtern bei Infektionen
Ein abgeschottetes Land, in dem ein gefährlicher Mutant grassiert: Tirol ist als Virenschleuder der Republik verschrien. Dabei zeichnen aktuelle Zahlen ein anderes Bild. Die Infektionsrate ist seit Anfang Jänner stark gesunken. Mit 77,5 Covid-Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liegt Tirol in Österreich nach Vorarlberg am besten.
Die Verantwortlichen begründen den Erfolg mit dem eigenen Wirken. Angesichts der neuen Bedrohung habe man das Contact-Tracing ausgebaut, sagt Elmar Rizzoli, Leiter des Tiroler Einsatzstabes. Bei Verdacht auf Ansteckung durch eine mutierte Variante würden die Kontakte des Betroffenen in jedem Fall nicht bloß – wie es Standard ist – 48 Stunden, sondern die doppelte Zeit zurückverfolgt. Nicht nur enge Kontaktpersonen würden getestet, sondern alle, die mit dem Infizierten irgendwie in Berührung kamen.
Ist das die Erklärung? Wäre Tirol beim Testen besonders eifrig, dann müsste sich das in der Statistik niederschlagen. Doch so eindeutig sind die Daten nicht. Mit gut 71.000 PCRTests seit Beginn der Pandemie rangiert das Land zwar insgesamt an zweiter Stelle hinter Wien. Doch gerade in jüngster Vergangenheit lag die Zahl der Testungen laut Ages-Daten lediglich im oder unter dem Durchschnitt.
Der Osttiroler Labor-Mediziner Gernot Walder sieht sehr wohl Fortschritte beim Testen, aber ebenso einen heilsamen Effekt der hitzigen Debatte ums Land: „Vielen Leuten ist bewusst geworden, dass sie die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen.“Auch Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck, vermutet gewachsene Motivation bei der Einhaltung der Corona-Regeln: „Aber wissenschaftlich belegen kann ich das nicht.“
Popper sieht „Erfolgsgeschichte“
Einen Widerspruch zu ihrem Aufruf zur Isolierung Tirols, der sie – wie sie selbstironisch anmerkt – zur „beliebtesten Bürgerin des Landes“gemacht hat, sieht von Laer nicht. Die Gefahr der mutmaßlich ansteckenderen und impfresistenteren südafrikanischen Mutation bilde sich in den aktuellen Zahlen nicht ab, sondern betreffe die Zukunft: „Dieses Feuer ist noch nicht ausgetreten.“
Die Richtung stimme aber, lobte der Simulationsforscher Niki Popper via Ö1 die Strategie aus Tests plus schneller Isolierung Infizierter: „Tirol ist eine Erfolgsgeschichte.“