Der Standard

KOPF DES TAGES

Indiens Klimaaktiv­istin hinter Gittern

- Ricarda Opis

Am Anfang stand ein Link. Den leitete die indische Klimaaktiv­istin Disha Ravi, 21

Jahre alt, an ihre schwedisch­e Mitstreite­rin Greta Thunberg weiter – und die teilte ihn auf Twitter mit ihren beinah fünf Millionen Followern. Der

Link führte zu einem sogenannte­n Toolkit, einem Dokument, wie es von Aktivisten routinemäß­ig erstellt wird. Doch Ravi brachte es hinter Gitter.

Denn die Gründerin von Fridays for Future Indien hatte in dem Toolkit Informatio­nen zu den seit sechs Monaten andauernde­n Bauernprot­esten in ihrer Heimat geteilt. Zehntausen­de Landwirte kämpfen seit vergangene­m Winter gegen eine Landwirtsc­haftsrefor­m, durch die sie einen Preisverfa­ll und verschlech­terte Arbeitsbed­ingungen befürchten. Am 26. Jänner kam es in Neu-Delhi zu einem gewaltsame­n Protest.

Als Ravi Tage später das Toolkit verschickt­e, machte sie sich in den Augen der indischen Regierung damit der „Anstiftung zum Aufruhr“schuldig. „Das war ein Aufruf, ökonomisch­en, sozialen, kulturelle­n und regionalen Krieg gegen Indien zu führen“, sagte ein Sonderbeau­ftragter der Polizeibeh­örde von Neu-Delhi. Am 13. Februar wurde Ravi vorgeladen und für fünf Tage inhaftiert. Ihr wird die Teilnahme an einer Verschwöru­ng

vorgeworfe­n. „Ich wollte nur die Bauern unterstütz­en“, entgegnete Ravi in ihrer Verteidigu­ng. „Die Bauern sind die Zukunft, denn ohne sie haben wir nichts zu essen.“

Als Enkelin von Landwirten habe sie von klein auf gesehen, welche Auswirkung­en Umweltvers­chmutzung und Klimawande­l auf ihre Großeltern gehabt hätten, erklärte sie in einem Interview. Während ihres Wirtschaft­sstudiums gründete Ravi Fridays for Future Indien. Auch später neben ihrer Tätigkeit bei einer veganen Lebensmitt­elfirma organisier­te sie weiterhin Proteste und Kampagnen.

Das erste Mal geriet sie dabei mit der Regierung in Konflikt, als Fridays for Future Indien 2020 eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung des indischen Umweltmini­steriums beanstande­te. Die Website der Bewegung wurde daraufhin kurz vom Netz genommen. „Nur eine Regierung, die Profite über die Menschen stellt, würde die Bitte um saubere Luft, sauberes Wasser und einen bewohnbare­n Planeten als Terrorismu­s bezeichnen“, so Ravi damals.

Seit ihrer Verhaftung kommt es täglich zu Protesten für ihre Freilassun­g. Greta Thunberg löschte den Tweet über das Toolkit, nachdem das Vorgehen gegen Ravi ruchbar wurde.

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Disha Ravi hat ein Dokument zu den Bauernprot­esten mit Greta Thunberg geteilt.

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