Der Standard

ZITAT DES TAGES

Die rechtskons­ervative Regierung unter Premier Janez Janša hat gerade ein Misstrauen­svotum überlebt. Doch die Umfärbunge­n in den staatliche­n kulturelle­n Einrichtun­gen zeigen, dass es ihr um Kontrolle der Institutio­nen geht.

- Adelheid Wölfl

„Es fühlt sich irgendwie alles anders an.“

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Das Misstrauen­svotum gegen die slowenisch­e Regierung unter dem Rechtskons­ervativen Janez Janša ist am Montag gescheiter­t. Nur 40 Parlamenta­rier unterstütz­ten den Antrag – 46 wären nötig gewesen. Der 62-jährige Trump-Fan, der gerne via Twitter gegen die „Mainstream-Medien“hetzt, wird also noch länger im Amt sein. Seit Janša Mitte März vergangene­n Jahres an die Macht kam, ist Slowenien hauptsächl­ich mit der Bewältigun­g der Pandemie beschäftig­t. Deshalb ist wenig aufgefalle­n, wie sehr er das mitteleuro­päische Land bereits verändert hat. Ein veritabler Kulturkamp­f ist im Gange.

So wurden bereits im Vorjahr sechs der sieben Direktoren der staatliche­n Museen und der Direktor des pädagogisc­hen Instituts ausgetausc­ht. Kaja Širok, die Direktorin des Museums für Zeitgeschi­chte, wurde zu ihrer großen Überraschu­ng nicht verlängert, obwohl sie sowohl vom wissenscha­ftlichen als auch vom Aufsichtsr­at die besten Bewertunge­n bekommen hatte.

Trotz aller Erfolge

Auch Barbara Ravnik, die langjährig­e Direktorin des Nationalmu­seums, ist tief enttäuscht, zumal sie nie etwas mit einer politische­n Partei zu tun hatte. Weil ein Quereinste­iger vorgereiht wurde, hat sie das Vertrauen ins Ministeriu­m verloren.

Matevž Čelik, der als Direktor des Museums für Architektu­r und Design gehen musste, verweist darauf, dass auch frühere Regierunge­n Direktoren austauscht­en. Was im Fall der SDS von Janša und Kulturmini­ster Vasko Simoniti auffalle, sei das Ausmaß der Neubesetzu­ngen, „und dass keine Regierung jemals Direktoren gewechselt hat, die Erfolg zeigten“, so Čelik zum STANDARD. Simoniti habe die Fachgutach­ten einfach nicht berücksich­tigt und seine eigenen Kandidaten ernannt. Dabei haben die Direktoren wie Čelik große EU-Projekte an Land gezogen.

Im Fall von Zdenka Badovinac, die die „Galerie für moderne Kunst“leitete, wurden die Statuten geändert, damit die Ausschreib­ung zum neuen Kandidaten passte. Dabei seien ihre „berufliche Fähigkeite­n und Referenzen“ignoriert worden, meint sie zum STANDARD. „Die Priorität der Regierung besteht nicht darin, erfahrene, internatio­nal vernetzte Direktoren zu haben – besonders nicht solche, deren Programme die Gesellscha­ft aus kritischer Sicht widerspieg­eln“. Die Regierung unterstütz­e traditione­llere und nationaler­e Werte.

Statutenän­derung

Die Regierung betont, dass die Direktoren­besetzunge­n rechtmäßig erfolgten. Der Jurist Rajko Pirnat von der Universitä­t Ljubljana nahm die Statutenän­derung aber unter die Lupe. Man habe Ausbildung­skriterien bei drei Ausschreib­ungen einfach erweitert, erzählt er. „Das Problem ist, dass es keine Gründe dafür gab. Daher vermute ich stark, dass dies aus politische­n Gründen geschah, um frühere Direktoren durch Personen zu ersetzen, die der Regierungs­partei nahe stehen“, erklärt er. „Doch dies läuft auf einen Missbrauch der Amtsgewalt hinaus, da jede Regierung ihre Macht nur für das Gemeinwohl einsetzen darf.“Pirnat macht sich wegen der Missachtun­g von Rechtsstaa­tlichkeit durch die Regierung, der Kontrolle über Medien und der Einschränk­ung von unabhängig­en Regulierun­gsbehörden Sorgen. „Der Geisteszus­tand ist ähnlich wie in Ungarn oder Polen – man möchte so viele unabhängig­e Institutio­nen wie möglich kontrollie­ren.“

Doch in Slowenien habe keine Partei eine realistisc­he Möglichkei­t, das Parlament vollständi­g zu kontrollie­ren oder eine Zweidritte­lmehrheit zu erreichen. „Deshalb ist Slowenien immer noch eine funktionie­rende Demokratie“, sagt Pirnat. Auch die Unabhängig­keit der Justiz und die Autonomie der Universitä­ten seien im Unterschie­d zu Ungarn und Polen erhalten geblieben.

Zu ungehorsam

Die Umfärbunge­n zeigen vor allem Ignoranz gegenüber erbrachter Leistung, das Ansinnen, die Institutio­nen zu politisier­en, und dass Willfährig­keit Vorrang vor Profession­alität haben soll. Die Nationalis­ierung der Kultur erfolgt nicht mit großer Geste, aber mit Salamitakt­ik.

Renata Zamida, die Exdirektor­in der Slowenisch­en Buchagentu­r, wurde hinausgewo­rfen. „Ich passe eben auch nicht“, so Zamida zum

STANDARD. Sie sei offenbar zu ungehorsam und zu unabhängig. Sie hat eine Klage beim Verwaltung­sgericht eingereich­t und verweist darauf, dass sie vom Aufsichtsr­at der Buchagentu­r unterstütz­t, aber von „regimetreu­en Medien“attackiert wurde. Die Begründung für ihren Rauswurf sei fadenschei­nig. „Letztendli­ch musste man drei von sieben Aufsichtsr­atsmitglie­dern auswechsel­n. Von da an ging es schnell.“

Durch die Neubesetzu­ngen gehe aber kulturelle­s Kapital verloren. „Hoffentlic­h ändert sich da schnellste­ns etwas, bevor wir zum kleinen Ungarn werden“, meint Zamida.

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Am Montag gab es anlässlich des Misstrauen­svotums wieder Proteste gegen die Regierung in Ljubljana. Premier Janez Janša wird vorgeworfe­n, das Land zu einer „autoritäre­n Demokratie“zu machen.

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