Der Standard

Ungewöhnli­che Anzeige gegen Terrorermi­ttler

Ministeriu­m selbst soll Sachverhal­tsdarstell­ung eingebrach­t haben

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Wien – Eine Sachverhal­tsdarstell­ung des Innenminis­teriums im Zusammenha­ng mit mutmaßlich­en Ermittlung­sfehlern im Vorfeld des Wiener Terroransc­hlags sorgt für Aufregung – auch innerhalb der Polizei. Wenn es stimme, dass Beamte – angeblich soll sich darunter auch der derzeit vom Dienst freigestel­lte Leiter des Wiener Verfassung­sschutzes Erich Zwettler befinden – direkt vom Ministeriu­m angezeigt wurden, sei das „ungewöhnli­ch bis befremdlic­h“, heißt es aus Polizeikre­isen.

Laut Kurier sind drei Beamte aus dem Landesamt für Verfassung­sschutz (LVT) betroffen. Die Ermittlung­en soll die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) übernommen haben. Eine offizielle Bestätigun­g dafür gab es am Donnerstag noch nicht.

Bei den Vorerhebun­gen geht es vermutlich unter anderem um Amtsmissbr­auch, teilweise durch Unterlassu­ng. Dem Vernehmen nach wird einem Terrorermi­ttler etwa vorgeworfe­n, in der Nacht des Anschlags mit größerer Verspätung zum Dienst angetreten zu sein.

Disziplina­rverfahren

Unter dem Verdacht des möglichen Amtsmissbr­auchs stehen darüber hinaus ein LVT-Sachbearbe­iter sowie ein leitender Beamter, der auch schon bei der Briefbombe­nserie in den 1990er-Jahren nicht immer eine glückliche Figur abgegeben haben soll, wie der Kurier unter Berufung auf Sicherheit­s- und Justizkrei­se schreibt.

Gegen mehrere Beamte wurden auch bereits formell Disziplina­rverfahren eingeleite­t. Es ist aber Usus, diese ruhen zu lassen, bis über etwaige strafrecht­liche Verfehlung­en rechtskräf­tig entschiede­n ist.

Schon wenige Tage nach dem Terroransc­hlag vom 2. November, bei dem vier Menschen erschossen und der Attentäter von der Polizei getötet worden war, sind Vorwürfe über Ermittlung­sfehler im Vorfeld aufgetauch­t. Auch eine diesbezügl­ich eingesetzt­e Untersuchu­ngskommiss­ion von unabhängig­en Experten bestätigte diesen Verdacht. Unter anderem soll das LVT Hinweise des slowakisch­en Geheimdien­stes auf den Attentäter, der bereits wegen eines Terrordeli­kts im Gefängnis gewesen ist, verschlamp­t haben. LVT-Chef Zwettler hat schon im Dezember auf eigenen Wunsch hin seine Funktion bis zur Abklärung der Vorwürfe ruhend gestellt. (simo)

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