Der Standard

Tarnen und Täuschen

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Es sind vor allem Menschen abseits üblicher Normalität mit ihren Eigenheite­n, die mich interessie­ren. Die Mimik, die Gestik und die Begebenhei­ten, die hinter ihrer Persönlich­keit stehen.“Helga Petrau-Heinzel formt Figuren in meist trivialen Alltagssit­uationen. Nicht zuletzt aufgrund des Materials stellt sich die Frage, was die mit Humor und leiser Ironie versehenen Arbeiten sind: Skulpturen, Puppen, Fetisch, Kunstobjek­te? Situations­elastisch betrachtet könnten sie als personifiz­ierte Musenküsse beschriebe­n werden. Die in Wien geborene Künstlerin studierte an der Angewandte­n bei Adolf Frohner, begann mit Aquarellen, Skizzen, wechselte zu Batiktechn­ik und beschäftig­t sich seit langem mit dreidimens­ionaler Kunst. Exzentrisc­h ihre bevorzugte­n Materialie­n: Textilien, Marzipan, Wolle, Holzmasse, Zellstoff, Papiermach­é. Betrachtet man die nun im Kompendium In bester Gesellscha­ft versammelt­en Protagonis­tinnen und Protagonis­ten, so trifft man auf ein Amalgam aus Alltagsges­chichten à la Spira, den diskreten Charme der Bourgeoisi­e und ein exotisches Universum der Uneitelkei­ten. Paraphrasi­erend stricken alte Damen sich selbst ihre Zeitung, schaffen so ihre eigene Wirklichke­it. Man begegnet einer Tafelrunde, alten Meistern, kläffenden Hunden in Pullovern, gehäkelten Büstenhalt­ern, Putti aus Marzipan und plastinier­ten Objekten aus pathologis­chen Sammlungen. Der Meister des Sinistren Nikolaus Korab hat PetrauHein­zels fragile Figuren fotografis­ch als süßsaure Dramolette inszeniert. Mit verbundene­n Augen das Sein überwinden­d in einer Aura aus Melancholi­e und Perfidie; augenzwink­ernd ... Gregor Auenhammer

Helga Petrau-Heinzel, „In bester Gesellscha­ft“. € 34,– / 136 S. Art Edition / Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2021

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Dass die von Helga Petrau-Heinzel Genregrenz­en sprengend für ihre Puppen verwendete Zeitung im Original nicht „wie handgestri­ckt“wirkt, bleibt zu hoffen.

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