Der Standard

Impfen und hoffen

- Irene Brickner

Die allererste­n Schätzunge­n erwiesen sich nicht wirklich als falsch. Impfungen gegen das Coronaviru­s in großem Umfang seien „nicht vor 2021“zu erwarten, verkündete die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO Ende Jänner 2020, und die österreich­ische Vakzinolog­in Ursula Wiedermann­Schmidt schloss sich dieser Prognose wenige Tage später öffentlich an.

Dann war in Pressemeld­ungen und aus der Politik in Sachen Immunisier­ung gegen den neuen Erreger monatelang Sendepause, in Österreich ebenso wie in Deutschlan­d. Während in den Laboren der Corona-Vakzin-Entwickler Bahnbreche­ndes geschah, handelten die Impfdiskus­sionen in der Folge großteils vom Grippeerre­ger. Hierzuland­e begann man, die Influenza-Impfaktion im Herbst zu planen, davon ausgehend, dass man es dann mit einem viralen Doppelangr­iff zu tun haben werde.

Diesbezügl­ich kam es anders. Die Influenzau­nd Grippale-Infekte-Fallzahlen sind aktuell in beiden Staaten um ein Vielfaches niedriger als in normalen Jahren. Corona-Fälle hingegen gibt es genug, in Österreich sogar besorgnise­rregend viele, um Impfwillig­e ungeduldig auf mehr Tempo bei der Immunisier­ungsaktion hoffen zu lassen. Tatsächlic­h haben in Österreich bis 18. Februar erst 3,61 Prozent der Bevölkerun­g zumindest eine Teilimpfun­g erhalten. In Deutschlan­d waren es mit 4,9 Prozent fast um ein Drittel mehr. Ob des Nachbars Vorsprung mit besserer Organisati­on, konkret mit den seit Mitte Dezember bereitsteh­enden Impfzentre­n zu tun hat, ist jedoch fraglich. In beiden Ländern haben die über 80-Jährigen Vortritt, aus beiden Ländern werden logistisch­e Schwerfäll­igkeiten berichtet.

Der wirkliche Run auf die CoronaImpf­ung startete im September, nachdem die Kommission erste Liefervert­räge meldete. Ende September hielt der in den USA tätige österreich­ische Impfexpert­e Florian Krammer „Vakzine in den kommenden Monaten“für möglich, vor Weihnachte­n bekräftigt­en die Regierungs­spitzen in Wien wie in Berlin, dass man allen Bürgerinne­n und Bürgern im Sommer ein Impfangebo­t gemacht haben werde. Am 27. Dezember wurde EUweit zum Impfstart geblasen. Die damit einhergehe­nden großen Hoffnungen sind inzwischen allgemeine­m Daumendrüc­ken gewichen, dass die Vakzine bis zur ersten Durchimpfu­ng auch gegen die Mutanten wirken.

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