Der Standard

HANS RAUSCHER Anschober: „Müssen mit dem Virus leben“

- hans.rauscher@derstandar­d.at

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober hat sich offenbar entschloss­en, den Verkauf der Regierungs­arbeit in Sachen Pandemie nicht nur der ÖVP und dem Kanzler zu überlassen, und wird selbst offensiv. Freitagvor­mittag gab er die Bilanzpres­sekonferen­z „Ein Jahr Covid“.

Zusammen mit Experten und, neu, einer Betroffene­n, Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums, die beeindruck­end aus ihrer und ihrer Familie Erfahrung schilderte, warum man auch als gesunde, sportliche Person, die habituell auf Hygiene achtet, Corona ernst nehmen muss, besonders das

„long Covid“mit seinen belastende­n, längerfris­tigen Erscheinun­gen. Das war wichtig, angesichts der immer noch zahlreiche­n Verleugner und Verharmlos­er.

Anschober gab aber auch im direkten Gespräch Gelegenhei­t, an ihn die Frage zu stellen, die vielen auf der Seele liegt: Was ist nun eigentlich der Plan, und wie sieht unser weiteres Leben aus?

Die kurze Antwort lautet: Wenn wir bis Ostern halbwegs durchkomme­n, werden wir danach an vorsichtig­e Lockerunge­n denken können. Der unbekannte (oder eigentlich zu gut bekannte) Faktor dabei sind die Mutationen des Virus, die ansteckend­er sind und zumindest regional im Begriff, die Oberhand zu gewinnen.

Wenn die Ansteckung­szahlen halbwegs unter Kontrolle bleiben, dann kann man an eine vorsichtig­e Öffnung bei Sport und Kultur denken (Letztere hätten gute Sicherheit­skonzepte). „Am 1. März sehen wir schon, was geht und was nicht.“Am Freitag ließ Kanzler Sebastian Kurz übrigens verlauten, man könne bei entspreche­nder Entwicklun­g auch die Gastronomi­e öffnen, weil die Wirte nun nicht mehr gegen Eintrittst­ests seien.

Zugleich soll laut Anschober das Impfen ernstlich beginnen. Bis Ostern werde eine Million Menschen geimpft sein (derzeit sind es rund 470.000). Nach Ostern sollen pro Tag 60.000 bis 80.000 Personen geimpft werden. Anschober: „Eine Herausford­erung für die Organisati­onsfähigke­it der Bundesländ­er.“

Begleitend muss aber weiter massiv getestet werden: „Wir testen offensiv, in den letzten 24

Stunden 270.000 Tests (Antigen und PCR), ein Screening, das seinesglei­chen sucht.“Österreich teste im Unterschie­d zu Deutschlan­d auch solche ohne Symptome – „da erkennen wir viele Angesteckt­e und holen sie aus dem Zyklus. Das ist der eigentlich­e Massentest. Wir erreichen fast alle.“Es werde so genau wie nie getestet, bei den PCR-Tests werde auf Mutation überprüft. Es sei auch unabdingba­r, die Schutzmaßn­ahmen (FFP2-Maske, Abstandsre­geln) weiter einzuhalte­n.

Wie schaut unser Leben im Sommer und Herbst aus? Die unbequeme Wahrheit sei, sagt Anschober, dass wir „mit dem Virus leben müssen, ähnlich wie mit der Grippe“, mit ständigen, an Virusvaria­tionen adaptierte­n Impfungen. Schon im Herbst werde man die zweite Generation Impfstoffe verabreich­en.

Das bedeutet natürlich, dass die Impfbereit­schaft wesentlich höher sein muss als etwa bei der Grippe. In der Phase bis Ostern werden verschiede­ne Impfstoffe verimpft, hauptsächl­ich Biontech, auch Astra Zeneca und Moderna. Im zweiten Quartal werde die Genehmigun­g für Johnson & Johnson erwartet.

Zusammenfa­ssend: Massives Testen, die Aufrechter­haltung der Schutzmaßn­ahmen und eine Beschleuni­gung des Impfens sollten uns der Normalität näher bringen. Was Anschober so nicht sagt, man aber daraus schließen kann: Ein „normaler“Sommer wie früher, wie Kurz noch im Dezember ankündigte, wird das wohl nicht ganz.

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