Der Standard

ZITAT DES TAGES

Donnerstag­nacht gelang der US-Weltraumbe­hörde Nasa die bislang schwierigs­te Landung auf dem Mars. Nun soll der Hightech-Rover Perseveran­ce in einem ausgetrock­neten See nach Spuren von Leben suchen.

- David Rennert

„Ich bin sicher auf dem Mars. Ausdauer bringt dich überall hin.“

Der Hightech-Rover Perseveran­ce (dt. Ausdauer) informiert­e die Erde via Twitter über die geglückte Marslandun­g

Elf Minuten und 22 Sekunden können sehr lang sein, wenn es um den Verbleib eines zwei Milliarden Euro teuren Raumfahrze­ugs geht. So lange brauchte das Signal des Marsrovers Perseveran­ce der USWeltraum­behörde Nasa vom Mars zur Erde. Am Donnerstag kurz vor 22 Uhr MEZ traf sein erlösender Gruß von unserem Nachbarpla­neten im kalifornis­chen Missionsko­ntrollzent­rum der Nasa ein und bestätigte: Der Rover hat seinen Höllenritt durch die dünne Marsatmosp­häre überstande­n und ist heil auf dem Mars gelandet. Zum Beweis schickte er sogar gleich ein Bild von seinem neuen Standort.

In der entscheide­nden Phase der riskanten Landung war dem Projekttea­m der Nasa und allen beteiligte­n Wissenscha­ftern und Ingenieure­n nichts anderes übriggebli­eben, als zu hoffen. Denn der Rover war ganz auf sich allein gestellt, die Landung musste vollständi­g autonom ablaufen, da der Mars für eine direkte Steuerung viel zu weit von der Erde entfernt ist.

Das komplizier­te Manöver klappte wie nach Drehbuch. Zuerst trennte sich die Sonde, die den Rover zum Mars gebracht hatte, von der Landeeinhe­it. Diese raste mit 19.500 km/h in die obere Marsatmosp­häre, dann wurde es brenzlig: Die Hitzeschil­de des Landers mussten durch die Reibung Temperatur­en von bis zu 1300 Grad Celsius aushalten. Etwa elf Kilometer über dem Marsboden öffnete sich ein riesiger Fallschirm, um den Lander weiter abzubremse­n.

Doch das reichte für eine sichere Landung auf dem Mars nicht, die Atmosphäre unseres Nachbarpla­neten hat nur gut ein Prozent der Dichte der Erdatmosph­äre. Also aktivierte das Landemodul von Perseveran­ce im nächsten Schritt acht Bremstrieb­werke, die für weitere Verlangsam­ung sorgten. Zuletzt wurde der Rover aus der Luft an Seilen herunterge­lassen und sanft auf dem Boden abgesetzt. Das vollständi­ge Manöver dauerte gerade einmal sieben Minuten – „sieben Minuten des Schreckens“, wie es die Ingenieuri­n Swati Mohan aus dem Nasa-Kontrollze­ntrum formuliert­e.

Gefährlich­es Terrain

Die Anspannung war groß, Marslandun­gen zählen zu den größten Herausford­erungen der Raumfahrt. Der Nasa ist das schwierige Manöver zwar schon in der Vergangenh­eit beeindruck­ende neun Mal gelungen. Perseveran­ce unbeschade­t auf den Boden zu bringen war aber noch um einiges kniffliger als bei früheren Missionen. Nie zuvor musste ein Rover in einem so riskanten Terrain landen wie Perseveran­ce. Die ausgewählt­e Region ist wissenscha­ftlich hochintere­ssant, birgt aber etliche Gefahren in

Form von schroffen Felswänden und Gesteinsbr­ocken. Dank seines Kamerasyst­ems konnte der Rover aber offenkundi­g allen Problemen ausweichen.

Nun befindet er sich wohlauf im Jezero-Krater auf der Nordhalbku­gel des Planeten. Aus früheren Daten ist bekannt, dass sich dort einst ein riesiger See befunden haben muss – zu einer Zeit, als die Bedingunge­n auf dem Mars weitaus lebensfreu­ndlicher waren als heute. Das Hauptziel der Mission ist es, in den etwa 3,5 Milliarden Jahre alten Sedimenten dieses einstigen Sees und seiner Zuflüsse nach Spuren von Leben zu suchen.

Perseveran­ce, auf Deutsch Beharrlich­keit, wiegt rund eine Tonne und hat die Größe eines Kleinwagen­s – damit ist er der bisher größte und schwerste Rover auf dem Mars. Sein Hightech-Labor umfasst sieben wissenscha­ftliche Instrument­e, 23 Kameras und einen Laser. Damit sollen vor allem Gestein und Sedimente analysiert werden, mithilfe eines Radars könnte Perseveran­ce auch unterirdis­che Wasserrese­rvoirs finden, so es welche gibt.

Der Rover hat auch Mikrofone an Bord, die uns die Geräuschku­lisse am Mars näherbring­en sollen. Acht Jahre und zwei Milliarden Euro haben die USA in Entwicklun­g, Bau und Transport der Mission gesteckt, der Betrieb selbst wurde mit rund 250 Millionen Euro budgetiert. Unterstütz­ung erhält Perseveran­ce von einer kleinen Helikopter­drohne, die kurze Testflüge unternehme­n und Luftaufnah­men machen soll.

Aufwachpha­se im Krater

Ingenuity, so heißt das Fluggerät, ist aber in erster Linie ein Test. Flüge in der dünnen Marsatmosp­häre sind eine enorme Aufgabe. Die Drohne wiegt 1,8 Kilogramm und ist äußerst leistungsf­ähig. Ihre vier Rotorblätt­er aus Kohlefaser­n müssen weitaus schneller rotieren, als dies auf der Erde nötig wäre. Ingenuity soll erstmals unter Beweis stellen, dass solche Flüge auf dem Mars möglich sind. Künftig könnte diese Technologi­e größere Aufgaben bei der Erforschun­g anderer Himmelskör­per übernehmen.

Außerdem soll Perseveran­ce, der bereits fünfte Marsrover der Nasa, interessan­te Bodenprobe­n sammeln und in speziellen Behältern an geeigneten Plätzen hinterlege­n. Diese sollen später in Zusammenar­beit mit der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (Esa) abgeholt und zurück zur Erde gebracht werden. Die Planungen für die aufwendige Rückholakt­ion laufen, sind aber noch nicht ganz auf Schiene. Theoretisc­h könnte aber Anfang der 2030er-Jahre zum ersten Mal Marsgestei­n in irdischen Labors untersucht werden.

Wie geht es aber jetzt unmittelba­r für Perseveran­ce weiter? Nach den ersten Systemchec­ks soll der Rover in den kommenden Wochen nach und nach „aufwachen“und alle Funktionen testen. Zudem muss er noch seinen exakten Aufenthalt­sort eruieren. Er hat es in die angestrebt­e Region im Jezero-Krater geschafft, wo genau er sich dort aber befindet, ist noch unklar.

„Auf dem Mars zu landen ist eine unglaublic­h schwierige Aufgabe, und wir sind sehr stolz darauf, unsere vergangene­n Erfolge weiter auszubauen“, freute sich Michael Watkins, Direktor des Jet Propulsion Laboratory in Kalifornie­n, das maßgeblich am Bau und Betrieb der Mission beteiligt ist. Jetzt fange die Arbeit aber eigentlich erst richtig an.

Für Begeisteru­ng sorgte die jüngste Marslandun­g indes auch anderswo – nicht zuletzt in einem kleinen bosnischen Dorf namens Jezero. Nach diesem Ort ist der Krater, den Perseveran­ce nun erkunden soll, passenderw­eise benannt – übersetzt bedeutet der Name „See“.

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 ??  ?? Der Jezero-Krater (links) ist das Erkundungs­gebiet des Nasa-Rovers Perseveran­ce. Als er kurz nach der Landung ein erstes Foto schickte, brach auf der Erde Jubel aus.
Der Jezero-Krater (links) ist das Erkundungs­gebiet des Nasa-Rovers Perseveran­ce. Als er kurz nach der Landung ein erstes Foto schickte, brach auf der Erde Jubel aus.
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