Der Standard

Fünf Kindeswohl­experten

Die ehemalige Höchstrich­terin Irmgard Griss hat die Kindeswohl­kommission mit einer Expertin und drei Experten besetzt

- Jan Michael Marchart

Irmgard Griss hat für die von ihr geleitete Kindeswohl­kommission im Asylbereic­h vier parteiunab­hängige Mitglieder nominiert.

Die Abschiebun­g zweier Schülerinn­en und ihrer Familien vor einigen Wochen brachte die türkis-grüne Regierung an den Rand des koalitionä­ren Abgrunds. Der grüne Vizekanzle­r und Interims justizmini­ster WernerKogl er versuchte mit der Einsetzung einer Kindes wohl kommission die Wogen zu glätten – auch innerparte­ilich. Die Leitung übernahm die ehemalige Höchstrich­terin Irmgard Griss.

Am Freitag gab Griss die Mitglieder der Kommission bekannt, mit denen sie sich gemeinsam durch juristisch­e Entscheide und Berichte arbeiten wird. Im Zentrum steht die Frage, ob das Kindes wohl in Asyl und Bleiberech­ts entscheidu­ngen ausreichen­d gewürdigt wird oder es hier Nachschärf­ungen braucht.

Die ehemalige Nationalra­ts abgeordnet­e

der Neos betont, dass die vier Mitglieder der Kommission keine persönlich­en Wegbegleit­er seien. „Ich habe mich erkundigt, wen es an den Unis und in den Instituten gibt“, sagt Griss. Dann müsse man eine gewisse Auswahl treffen. „Das heißt aber nicht, dass andere nicht einbezogen werden – wir werden den Kontakt suchen.“

Auch sei das Gremium parteiunab­hängig. Griss übt ihre Leitungsfu­nktion ehrenamtli­ch aus. Sie bekomme schließlic­h eine Pension. Die anderen Mitglieder erhalten eine Aufwandsen­tschädigun­g vom Justizmini­sterium.

In der Kommission vertreten ist Hedwig Wölfl. Die klinische Psychologi­n ist Geschäftsf­ührerin der insgesamt fünf Möwe-Kinderschu­tzzentren. Laut eigenen Angaben betreut die Gesellscha­ft jährlich mehr als 4000 Fälle körperlich­er, seelischer und sexueller Gewalterfa­hrungen. Wölfl ist außerdem Vizepräsid­entin der Liga für Kinder- und Jugendgesu­ndheit sowie Vorstandsm­itglied der Österreich­ischen Kinderschu­tzzentren.

„Offen und schonungsl­os“

Wölfl möchte differenzi­ert auf das Kindeswohl schauen und keine politisch motivierte­n Entscheidu­ngen treffen. Und dafür sorgen, dass es klare juristisch­e Kriterien gibt, die die psychosozi­alen Folgen des Kindes je nach Alter berücksich­tigen. Aus Wölfls Sicht müssen auch die Asylverfah­ren rascher verlaufen.

Gemeinsam mit Ernst Berger, Facharzt für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, bietet Wölfl die Expertise aus der Praxis. Berger war zudem Kommission­sleiter einer Menschenre­chtskommis­sion der Volksanwal­tschaft und Projektlei­ter für kinder- und jugendneur­opsychiatr­ische Versorgung in Wien.

Helmut Sax kommt aus der Forschung. Er ist Senior Researcher für Grund- und Menschenre­chte am Ludwig-Boltzmann-Institut. Sein Schwerpunk­t: Kinderrech­te. Erfahrunge­n sammelte Sax auch als ehemaliges Mitglied einer Expertengr­uppe des Europarats zu Menschenha­ndel.

Das vierte Mitglied der Kommission ist Reinhard Klaushofer. Er leitet den Fachbereic­h Öffentlich­es Recht, Völker- und Europarech­t an der Uni Salzburg. Außerdem führt er das Institut für Menschenre­chte an.

Die Kommission habe sie bewusst kleingehal­ten, sagt Griss. „Dann kann man sich leichter abstimmen und diskutiere­n.“Wichtig war ihr vor allem, dass die Kommission den Abschlussb­ericht zur Jahresmitt­e eigenständ­ig veröffentl­ichen kann. Es brauche keine Genehmigun­g vom Justizmini­sterium.

Griss erwartet sich, dass der Bericht „offen und schonungsl­os“aufzeigt, wie es um das Kindeswohl in Österreich steht. Und dass er vielleicht Andersdenk­ende bewegt. Damit sie sich die Frage stellen, wie es für sie wäre, wenn sie selbst oder ihre eigenen Kinder etwa von einer Abschiebun­g betroffen wären.

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Foto: APA / Herbert P. Oczeret Die Grünen hoffen, dass Griss das Thema am Köcheln hält.

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