Der Standard

Der Trump in Kurz

- Eric Frey

Seit zehn Tagen dominieren die Ermittlung­en der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) gegen Finanzmini­ster Gernot Blümel die Schlagzeil­en. Anfangs hat die Opposition das Thema hochgekoch­t, aber zuletzt kamen die meisten Schlagzeil­en von der ÖVP selbst, durch immer schrillere Attacken gegen die Behörde. Bundeskanz­ler, Verfassung­sministeri­n, Klubchef, Abgeordnet­e: Alle sind sie damit beschäftig­t, die Arbeit der WKStA mit ähnlich lautenden und meist überzogene­n Vorwürfen zu desavouier­en.

Dass eine Regierungs­partei die Justiz so vehement unter Druck setzt, ist in einer reifen Demokratie unangebrac­ht und wird, wenn dieser aggressive Ton anhält, zunehmend zum staatspoli­tischen Skandal. Warum tut die ÖVP das, fragen sich viele. Wäre es politisch nicht klüger, den Ball flachzuhal­ten, die mediale Aufmerksam­keit auf andere Themen zu lenken und darauf zu setzen, dass bei den Ermittlung­en nichts oder zumindest zu wenig für eine Anklage herauskomm­t?

Vielleicht folgt die Partei hier dem Prinzip „Angriff ist die beste Verteidigu­ng“. Aber Angriffe müssen ein erreichbar­es Ziel haben, und dass die WKStA angesichts des Trommelfeu­ers einknickt, ist nicht zu erwarten. Auch die breite Öffentlich­keit bleibt davon unbeeindru­ckt, und die eigenen Leute sind bereits überzeugt, dass es eine linke Justizseil­schaft auf die Türkisen abgesehen hat. Die Taktik vergiftet die Atmosphäre mit den Grünen und belastet die Regierungs­arbeit, an deren Erfolgen Sebastian Kurz letztlich gemessen wird. Ist das wirklich jene Message-Control, derer sich die ÖVP so rühmt?

Es gibt eine andere Erklärung: Die türkisen Attacken auf die WKStA haben schon vor einem Jahr begonnen, nachdem der frühere Finanzmini­ster Hartwig Löger in der Casinos-Affäre und ein enger Kurz-Mitarbeite­r in der Schreddera­ffäre ins Visier der Ermittlung­en geraten waren. Kurz musste Löger als Minister fallenlass­en und hat das den Staatsanwä­lten offenbar nie verziehen. Seither haben die Angriffe auf die WKStA den Anschein einer persönlich­en Vendetta eines Politikers, der trotz all seiner Erfolge Kritik als Kränkung erlebt und auf Rückschläg­e mit irrational­er Aggressivi­tät reagiert.

Vier Jahre lang musste die Welt ein solches Verhalten in noch viel extremerer Form im Weißen Haus mitverfolg­en. Man würde sich wünschen, dass Österreich eine politische Psychopath­ologie à la Donald Trump erspart bleibt.

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